Serie: Mit dem Aufstieg wird Traum wahr

Die Zeitreise durch 100 Jahre Austria Klagenfurt endet mit der wohl schönsten Geschichte: In der 101. Saison kehrten die Violetten völlig überraschend in die Bundesliga zurück und der Lindwurm erstrahlte in den Farben des Vereins. Auch in der Bundesliga lässt es der Aufsteiger krachen.

Im Herbst 2020 waren alle Augen auf Waidmannsdorf gerichtet: Wie würde der Titelfavorit nach dem bitteren Ende der vergangenen Spielzeit reagieren? In der Vorsaison hatte man um nur fünf Tore den Aufstieg verpasst. Ein einmaliges Ereignis im österreichischen Fußball.

Das Team musste sich von dem Schock rasch erholen - denn die Saisonpause dauerte nicht lange. Alles begann bei null. Mit dem 3:1 gegen Blau-Weiß Linz konnte man in der ersten Runde die gestiegenen Erwartungen erfüllen. Vor allem das 5:0 gegen den FAC in der fünften Runde wurde von den Fans gefeiert. Sie hatten nicht vergessen, was sechs Wochen vorher in Ried passiert war.

Doch die Violetten konnten auf Strecke nicht an die Leistungen des Vorjahres anschließen. Zur Winterpause lag die Mannschaft zehn Punkten hinter dem Aufstiegsplatz. Was nun? Der Vorstand entschied sich zu einer unpopulären Maßnahme: Robert Micheu wurde freigesellt, der Wiener Peter Pacult als neuer Trainer präsentiert - trotz heftiger Proteste aus der violetten Anhängerschaft.

In der Zwischenzeit hatte auch das Corona-Virus wieder knallhart zugeschlagen. Die Spiele in der ersten und zweiten Liga mussten wieder ohne Publikum ausgetragen werden. Die Zeit der leeren Ränge ging also weiter. Sportlich schöpfte das Team neue Hoffnung. Gleich im ersten Match nach der Winterpause gab es mit dem neuen Trainer einen starken Auftritt: Im Cup-Viertelfinale bei Bundesligist LASK musste sich die Austria erst in der Verlängerung geschlagen geben.

Doch in der Meisterschaft folgte ein satter Dämpfer: Das erste Spiel im Wörthersee-Stadion gegen die Rapid Amateure wurde mit 2:3 verloren. Ein schwerer Patzer hatte der Austria die unnötige Niederlage eingebrockt. Die Heim-Premiere für Pacult ging damit gründlich daneben. Die Aufstiegsträume dahin - dachte man.

Doch die Violetten steckten nicht auf. Das nachfolgende Auswärtsspiel bei Blau-Weiß Linz (dem späteren Meister) wurde mit 1:0 gewonnen. Und es gab einen Hoffnungsschimmer, denn in der 16er Liga konnte auch der dritte Platz noch ausreichen, um die Relegation zur Bundesliga zu erreichen - da die beiden Erstplatzierten nicht aufsteigen durften oder wollten. Plötzlich entwickelte sich ein heißes Fernduell zwischen Wacker Innsbruck und Klagenfurt um den dritten Platz. Beide Klubs hatten die Bundesliga-Lizenz bereits in der Tasche.

Fünf Runden vor Schluss kam es zum direkten Duell der Rivalen. Dabei wurden die Aufstiegs-Hoffnungen wieder begraben, das Spiel in Innsbruck mit 0:2 verloren. Es kam sogar zu einem Feuerwehreinsatz: Fans der Tiroler hatten nach dem zweiten Treffer außerhalb des Stadions ein Feuerwerk abgefeuert, was zu einem Brand am Stadiondach führte. Das Spiel musste für einige Zeit unterbrochen werden.

Mehr Sorge bereitete der Austria der nunmehrige Tabellenstand: Der rettende dritte Platz war bereits sechs Punkte entfernt und Innsbruck war in der „Pole Position“ für die Relegation. Ab jetzt ließ das Pacult-Team jedoch nichts mehr anbrennen. Nach dem Motto: Alles oder nichts. Man siegte 2:0 in Lustenau, 3:1 gegen die Juniors und konnte sogar bei Tabellenführer Liefering mit 3:2 gewinnen. Damit sprang die Austria auf den vierten Platz und lag nur noch einen Zähler hinter Platz drei, der nach wie vor von Innsbruck eingenommen wurde. Denn auch die Tiroler hatten seither all ihre Spiele gewonnen. In der vorletzten Runde legte die Austria ein 4:0 gegen Horn drauf, aber auch Innsbruck gewann sein Spiel wieder - 3:1 in Steyr.

Damit fiel die Entscheidung um die Relegation in der allerletzten Runde. Die Austria Klagenfurt musste zu den Rapid Amateuren, gegen die man das erste Spiel im Frühjahr verloren hatte. Wacker empfing zu Hause die Juniors. Für die Tiroler sah es prächtig aus: Mit einem Heimsieg gegen den LASK-Nachwuchs wäre die Relegation fix gewesen, die Truppe um Ronivaldo durfte außerdem 3000 Fans ins eigene Stadion einlassen, nachdem die Pandemie-Regelungen gelockert wurden.

Dann nahm das Schicksal seinen Lauf: Die Austria ging in Wien nach acht Minuten in Führung, während die Tiroler gegen die Juniors nach 19 Minuten in Rückstand gerieten. Fast zur gleichen Zeit glich Rapid gegen die Austria aus. In der 33. Minute legte die Pacult-Elf wieder nach: Christopher Cvetko erzielte das wichtige 2:1. Doch die Rapidler gaben nicht auf, warfen in der zweiten Halbzeit alles nach vorne, in der Nachspielzeit wurde sogar der Torhüter bei Eckbällen nach in den Klagenfurter Strafraum geschickt, auch wenn es für die Wiener um nichts mehr ging. Herzklopfen pur!

Wäre hier der Ausgleich gefallen und hätte auch Tirol in seinem Spiel den Ausgleich erzielt, wäre die Austria wieder aus dem Rennen gewesen. Doch dazu kam es nicht, die Austria siegte mit 2:1, während Wacker sein Heimspiel verlor. Damit waren die Violetten doch noch in der Relegation. Jetzt traf das Team auf den SKN St. Pölten, den Letzten der Bundesliga.

Das Hinspiel wurde nur drei Tage später im Wörthersee-Stadion ausgetragen. Und der 26. Mai 2021 wird in den Geschichtsbüchern des Klagenfurter Fußballs einen Ehrenplatz bekommen. An diesem Tag hatte die Austria eines der besten Spiele in mehr als 100 Jahren abgeliefert. Erstligist St. Pölten wurde im ersten Aufstiegsspiel mit einem 4:0 nach Hause geschickt - und die Tür zur Bundesliga damit weit aufgestoßen. 3000 Fans lagen sich in der EM-Arena in den Armen. Mehr Fans waren in der Pandemie nicht zugelassen.

Was für Bilder. Keine neun Monate ist es her, dass die Austria-Spieler am selben Platz am Boden gelegen waren und die Fußball-Welt für sie an diesem Abend untergegangen war - als sie realisieren mussten, dass sie in letzter Sekunde auf dramatische Weise den Aufstieg verspielt hatten.

Jetzt war das Ziel wieder zum Greifen nahe, doch noch standen 90 harte Minuten bevor. Weitere drei Tage später kam es zum Rückspiel in der St. Pöltener Arena. Die mitgereisten Klagenfurter Fans machten das schicke Oval an diesem Tag zu „ihrem“ Stadion. Und die Mannschaft ließ von Anfang an erkennen, dass sie sich diesmal die Butter nicht mehr vom Brot nehmen lassen würde.

Als es zur Pause immer noch 0:0 stand, konnte man schon ein wenig träumen von der Bundesliga. Als schließlich Markus Pink in der 86. Minute das 1:0 für die Violetten erzielte, gab es endgültig kein Halten mehr. Es ist vollbracht: Erstmals seit 1989 schaffte wieder ein Klub namens Austria Klagenfurt den Aufstieg in die höchste Spielklasse (von 2001 bis 2004 spielte der Verein als FC Kärnten in der Bundesliga). Spieler, Fans und Funktionäre lagen sich in den Armen und Trainer Peter Pacult bekam prompt eine Bierdusche verpasst.

Die Heimfahrt aus St. Pölten wurde zum Triumphzug. Als der Mannschaftsbus spät nachts in der Klagenfurter Innenstadt einfuhr, wurde das Team von einer großen jubelnden Menge am Neuen Platz empfangen. Auch die Stadt Klagenfurt gratulierte den Aufsteigern mit einer besonderen Geste: Der Lindwurm erstrahlte eine Woche lang in violetter Farbe und die Mannschaft wurde gleich am Tag nach dem Aufstieg im Rathaus empfangen. Das hätte zu Jahresbeginn wohl keiner gedacht.

Auch in der Bundesliga wurde die Austria zur Überraschungsmannschaft. Gleich das erste Spiel wurde zum Volksfest: Die Austria traf auf den Lokalrivalen WAC. Fast 14.000 Fans kamen zum Kärntner Derby in das Wörthersee-Stadion und sahen ein emotionsgeladenes 1:1. Die Austria bot eine bundesligareife Leistung und wurde mit dem Ausgleich in der 90. Minute durch Pink belohnt.

Im Laufe des Herbstes kam der violette Dampfer noch besser in Fahrt. Als einziges Team konnte die Austria sogar gegen Tabellenführer Salzburg gewinnen. Schließlich ging man als Vierter der Bundesliga-Tabelle in die Winterpause – eine tolle Ausgangsposition für den weiteren Verlauf der Saison. Das 101. Jahr der Vereinsgeschichte bleibt auf Ewig unvergessen!

Eine Serie von Christian Rosenzopf

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