Die turbulenten 90er

Serie: In Och­sen­dorf statt im Ober­haus

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Kaum zu glauben: Von 1992 bis 1996 war die Austria Klagenfurt nur noch in der Kärntner Liga vertreten - und wäre dort auch noch fast abgestiegen. Der damalige Obmann Hans Jalovetz erzählt Anekdoten aus einer unglaublichen Zeit. Die Austria überlebte trotzdem.

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Der Abgang von Wal­ter Lude­scher auf der Trai­ner­bank bedeu­te­te 1986 das sym­bo­li­sche Aus einer erfolg­rei­chen Ära. 1987 und 1988 konn­te die Aus­tria nur mit Mühe den Gang in die zwei­te Spiel­klas­se ver­hin­dern. 1988 ging es in der letz­ten Run­de um das Ein­ge­mach­te: 8000 Besu­cher kamen nach Waid­manns­dorf und erleb­ten den 3:0‑Heimsieg der Aus­tria gegen Voest Linz. Die Aus­tria war damit ein letz­tes Mal geret­tet. Doch 1989 kam es, wie es kom­men muss­te: Nach unzäh­li­gen Trai­ner­wech­seln lan­de­te die Aus­tria auf den Abstiegs­rän­gen.

Nach sie­ben erfolg­rei­chen Bun­des­li­ga-Jah­ren von 1982 bis 1989 war der Klub nicht mehr im Ram­pen­licht ver­tre­ten — und wenn es nicht läuft, dann gleich rich­tig. Vom Wie­der­auf­stieg war man mei­len­weit ent­fernt. Trotz gro­ßer Plä­ne muss­te man auch in der 2. Liga um den Klas­sen­er­halt zit­tern. Dann ging auch das schief.

Ab 1992 fand man sich plötz­lich nur noch in der Kärnt­ner Liga wie­der. Der abso­lu­te Super­gau. Die einst so gro­ße Aus­tria kämpf­te um das sport­li­che und wirt­schaft­li­che Über­le­ben. Statt gro­ßer Geg­ner, muss­te man sich mit den Klubs aus der Regi­on duellieren.Einer der tap­fe­ren Kämp­fer, die in die­ser schwe­ren Zeit die Ver­ant­wor­tung über­nah­men, war aus­ge­rech­net ein Vil­la­cher: Anwalt Hans Jalovetz. Er hat­te gemein­sam mit Spie­ler-Legen­de Erwin Pal­ko­witsch das Füh­rungs­duo gebil­det. Bei­de hal­fen tat­kräf­tig mit, um das sin­ken­de Schiff noch irgend­wie zu ret­ten.

„Lern­ten unser Bun­des­land ken­nen”

„Als ich im Win­ter 1992 den Pos­ten des geschäfts­füh­ren­des Obmanns über­nahm, befand sich die Aus­tria gera­de auf Platz 15 der Kärnt­ner Liga. Wir waren Vor­letz­ter mit einer über­teu­er­ten Mann­schaft und einem Berg vol­ler Schul­den. Das war die Aus­gangs­la­ge“, erin­nert sich Hans Jalovetz. Das ers­te Spiel des neu­en Jah­res fand im Städ­t­e­cup gegen Och­sen­dorf statt. „Ich muss geste­hen, dass ich nicht ein­mal wuss­te, wer unser Geg­ner Och­sen­dorf über­haupt ist. Trotz­dem haben sie uns mit 1:0 geschla­gen. In die­ser Zeit haben wir wirk­lich unser Bun­des­land ken­nen­ge­lernt…“

Klub-Legen­den spran­gen ein

Doch die Aus­tria rap­pel­te sich dank ehe­ma­li­ger Spie­ler-Legen­den wie­der auf: Han­nes Hau­bitz über­nahm das Trai­ner­amt, Andre­as Cvet­ko das Mar­ke­ting. Zumin­dest konn­ten die Waid­manns­dor­fer im Som­mer 1993 den Klas­sen­er­halt schaf­fen. Der Abstieg in die Unter­li­ga wäre wohl der end­gül­ti­ge K.o.-Schlag für den ruhm­rei­chen Ver­ein gewe­sen.

„Das Dilem­ma war für uns auch, dass bei den Aus­wärts­spie­len vie­le Leu­te kamen, denn die Aus­tria hat­te immer noch einen Namen und jeder woll­te unbe­dingt gegen uns gewin­nen. Nur bei uns zu Hau­se blie­ben die Fans aus, weil die Leu­te ein­fach kein Inter­es­se an der Lan­des­li­ga hat­ten“, so Jalovetz, der zu der Zeit auch noch Kas­sier und Sta­di­on-DJ war.

Ohne Zuschau­er-Ein­nah­men fehl­te das Geld an allen Ecken und Enden. Jalovetz: „Man muss­te daher immer das eige­ne Geld rein­ste­cken. Es war wie ein Loch, das einen fast ver­schlun­gen hat. Der ein­zi­ge Spon­sor, der zu der Zeit ein Geld geben woll­te, war die Fens­ter­fir­ma Opitz — und die stamm­te aus Vil­lach.“

Das Duell der Gegen­sät­ze

Jalovetz erin­nert sich an ein Trai­nings­la­ger in Ligna­no: „Wir muss­ten mit zwei Bus­sen hin­fah­ren, weil unser eigent­li­cher Mann­schafts­bus zu klein war. Wir haben dann ein Trai­nings­spiel gegen Udi­ne aus­ge­macht. Man muss sich das Bild vor­stel­len: Die kamen mit einem gro­ßen Bus, aus dem auch ein Oli­ver Bier­hoff aus­ge­stie­gen ist. Und wir stan­den dane­ben mit den zwei klei­nen Bus­sen. Das war schon eine bemer­kens­wer­te Zeit.“

1995 hat­te man schließ­lich eine neue Idee, um Geld auf­zu­trei­ben: Ein inter­na­tio­na­les Tur­nier anläss­lich des 75-Jahr-Jubi­lä­ums. Die Gast­klubs waren: Rapid, HSV und Haj­duk Split. Aus dem erhoff­ten Geld­re­gen wur­de wie­der nichts. Ergeb­nis: 600.000 Schil­ling Minus. Jalovetz: „Es war ein finan­zi­el­les Fias­ko. Danach bat mich Tono Hönig­mann vom ORF zum Inter­view und ich sag­te: Es ist aus, ich mag nicht mehr.“

Doch wie­der konn­te sich die Aus­tria zurück­kämp­fen. Die Spie­ler akzep­tier­ten eine Gagen-Kür­zung — damit konn­te eine wei­te­re Sai­son in der Kärnt­ner Liga gespielt wer­den. Das Durch­hal­te­ver­mö­gen lohn­te sich: Im Som­mer 1996 fei­er­te die Aus­tria den Meis­ter­ti­tel in der Kärnt­ner Liga. Wobei der Ver­ein sehr damit zu kämp­fen hat­te, die Punk­te­prä­mi­en an die Spie­ler aus­zu­be­zah­len. Jalovetz: „Wir haben uns fast zu Tode gewon­nen“. Damit kehr­te man in die Regio­nal­li­ga zurück. „Die Aus­tria setzt sich die Kro­ne auf“, titel­te die „Klei­ne Zei­tung“. Die ers­te Etap­pe auf dem stei­ni­gen Weg zurück nach oben.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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