Die turbulenten 90er

Serie: Die gro­ße Treue der Bar­ra­ku­das

©  GEPA Pictures

Ausgerechnet in der Zeit der größten sportliche Krise hat sich der erste offizielle Fanclub gegründet: Die Barrakudas. Seit 1995 unterstützen sie die Austria in den violetten Farben. Als eine der ersten brachten sie die Fackeln-Choreographien in das Stadion.

„Ein­mal Aus­tria­ner, immer Aus­tria­ner“! Die Bar­ra­ku­das kön­nen das mit Fug und Recht von sich behaup­ten. Als der Ver­ein in der Kärnt­ner Liga her­um­krebs­te, hat­te sich die Fan­ge­mein­schaft im Som­mer 1995 in der Süd­kur­ve des alten Wör­ther­see-Sta­di­ons gebil­det.

Mar­kus Kreu­zer ist einer der Män­ner der ers­ten Stun­de. „Ich war mit einem Kum­pel bei einem Heim­spiel. Da sah ich, wie sich eine klei­ne Trup­pe im Süden zusam­men­ge­stellt und die Mann­schaft ange­feu­ert hat­te. Dann haben wir gesagt: Weiß­te was, beim nächs­ten Mal gehen wir auch rüber.“

Schnell war ein gutes Dut­zend Anhän­ger bei­sam­men. Kreu­zer: „Der Erfolg des Klubs war für uns eigent­lich neben­säch­lich, viel konn­ten wir damals ohne­hin nicht erwar­ten. Es ging uns ein­fach um den Spaß. Da wir schon Spie­le in Ita­li­en und Eng­land erlebt hat­ten, woll­ten wir die Top-Stim­mung von dort ein biss­chen mit­neh­men.”

So war man die ers­te Fan­grup­pe, die mit Fackeln und Pyros im Wör­ther­see-Sta­di­on gestan­den ist. Kreu­zer: „Damals war das alles erlaubt. Da hat es auch kei­nen gejuckt.“ Anfangs hat­te man sogar eine Klo­schlüs­sel mit ins Sta­di­on genom­men — und dar­in Rauch gezün­det, was zu gro­ßem Geläch­ter geführt hat­te. Bis die Klo­schlüs­sel eines Tages explo­dier­te.

Auch ein Name wur­de bald gefun­den. Doch war­um aus­ge­rech­net die Bar­ra­ku­das-Fische? Kreu­zer: „Im Fern­se­hen lief damals ein Film mit Raub­fi­schen. Das fan­den wir lus­tig. So kamen wir auf die Bar­ra­ku­das.“ Das Logo dazu wur­de auf ganz her­kömm­li­che Wei­se erstellt: Es wur­de im dama­li­gen Stamm­lo­kal, dem „Cafe Papil­lon“, auf Papier gekrit­zelt — und blieb bis heu­te unver­än­dert.

Dabei konn­ten die Bar­ra­ku­das stets auf fami­liä­re Unter­stüt­zung zäh­len. „Mei­ne Mut­ter und eine Nach­ba­rin haben immer Fah­nen für uns genäht. Die ers­te Fah­ne hing beim Meis­ter­ti­tel 1996 in der Kärnt­ner Liga auf mei­nem Bal­kon.“, erin­nert sich Kreu­zer.

Die Treue zur Aus­tria wur­de aber oft auf eine har­te Pro­be gestellt. Vor allem die Umbe­nen­nung des Ver­eins in FC Kärn­ten und die Ein­füh­rung der knall­gel­ben Dres­sen zu Beginn des 21-Jahr­hun­derts hat­te der Fan­ge­mein­schaft zuge­setzt.

„Für uns war der Klub immer die Aus­tria. Und wir woll­ten ganz klar, dass es auch dabei bleibt. Als die Mann­schaft das ers­te Spiel unter dem neu­en Namen bestrit­ten hat, frag­ten wir uns: Was machen wir jetzt über­haupt noch? Es gab auch inter­ne Rei­be­rei­en des­halb. Eini­ge Minu­ten lang war Schwei­gen auf der Tri­bü­ne. Doch dann stimm­te einer an: Hier regiert die Aus­tria! Und dann war für uns klar: Wir blei­ben dabei! Wir las­sen uns den Namen nicht weg­neh­men.“

Die Beharr­lich­keit zeig­te sich auf allen Ebe­nen. Kreu­zer: „Für uns hat es nie eine Dis­kus­si­on gege­ben, ob wir die Aus­tria unter­stüt­zen. Wir hät­ten auch einen Neu­start in der unters­ten Spiel­klas­se mit­ge­macht, solan­ge der Klub in Vio­lett spielt und solan­ge die rich­ti­gen Leu­te dabei sind, die für die Aus­tria ste­hen. Das ist das Ein­zi­ge, was wir wol­len. So war es und so wird es immer sein.”

Die wohl legen­därs­te Fan-Fahrt erleb­te man im August 2002 mit dem Euro­pa­cup-Aben­teu­er in Lett­land. Kreu­zer: „Wir hät­ten bei­na­he den Zug ver­passt, nach­dem wir am Vor­abend eine klei­ne Par­ty in Kla­gen­furt hat­ten. Wir hat­ten echt zu tun, damit wir noch alle Mit­glie­der in der Früh zum Bahn­hof bekom­men. Damals hat­te nicht jeder ein Han­dy. Zwei Fans hat­ten nicht ein­mal mehr Zeit, ihre Kof­fer zu packen, sie hat­ten nur den Bar­ra­ku­das-Schal mit. Das war ein Bild für die Göt­ter.”

Alles halb so wild. Als Stan­ko Buba­lo das ers­te Euro­pa­cup-Tor für die Waid­manns­dor­fer erziel­te, gab es gar kein Hal­ten mehr. Mit einem 2:0‑Sieg kehr­te man wie­der aus Lett­land heim. Auch die Rei­se zum Euro­pa­cup 2003 nach Rot­ter­dam bleibt unver­ges­sen. „Da wir eini­ge Freun­de aus Rot­ter­dam haben, lie­fen nach der Aus­lo­sung die Tele­fo­ne heiß. Wir fuh­ren mit dem Bus und durf­ten sogar in ein Lokal der Feye­noord-Fans, wo nor­mal kei­ne Gäs­te-Anhän­ger zuge­las­sen sind.“

An der Lie­be und Lei­den­schaft zur Aus­tria hat sich bis heu­te nichts geän­dert. Eini­ge der „alten“ Bar­ra­ku­das-Mit­glie­der sind heu­te noch bei den Spie­len im Wör­ther­see-Sta­di­on unter­wegs — mit dem eige­nen Nach­wuchs an der Hand.

Kreu­zer: „Wenn ich zurück­den­ke: Bei den Spie­len in Eng­land sahen wir oft Fans ab 50 Jah­re auf­wärts. Damals haben wir gesagt: Irgend­wann wer­den wir auch so sein, dass wir als älte­re Fans immer noch fei­ern.“ Die Bar­ra­ku­das sind auf dem bes­ten Weg dazu.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

Haben auch Sie span­nen­de Anek­do­ten oder „Fund­stü­cke“ aus 100 Jah­ren Aus­tria für unse­re Autoren? Dann hel­fen Sie doch dabei, Geschich­te zu doku­men­tie­ren und für kom­men­de Gene­ra­tio­nen fest­zu­hal­ten. Schrei­ben Sie bit­te an: christian.rosenzopf@skaustriaklagenfurt.at

HIER fin­den Sie alle bis­he­ri­gen Tei­le der Serie