Micheu: „Ich lebe bei jedem Spiel mit“

Am Montagvormittag startet Robert Micheu als Trainer der Austria Klagenfurt. Der 43-Jährige absolvierte insgesamt 84 Bundesliga-Spiele sowie 194 Zweitliga-Spiele. Im Interview erzählt über seine Vergangenheit als Austria-Spieler und was ihn an der Aufgabe besonders reizt.

Robert, du hast jetzt den violetten Schal um den Hals. Welche Bedeutung hat es für dich jetzt Austria-Trainer zu sein?
Es ist ein gutes Gefühl. Ich war ja schon als Spieler dabei, als die Austria ihre schwerste Saison absolviert hatte. Es war die Saison 1992/93, da spielte die Austria gerade in der Landesliga. Ich war damals 16 Jahre alt und wir waren eine ganz junge Truppe, die damals hart kämpfen musste, um die Austria vor dem Abstieg aus der Landesliga zu bewahren. Danach wurde ich vom LASK gekauft und die Austria konnte das Geld damals gut gebrauchen.

Warum hast du dich jetzt wieder entschieden, nach Waidmannsdorf zu kommen?
Wenn ich ehrlich bin - haben mir ja einige davon abgeraten, da sie meinten, dass es keine leichte Aufgabe sei. Aber genau das war der Punkt, der mich motiviert. Ich will es mir selber beweisen. Ich hatte schon als Spieler früher nicht die besten Voraussetzungen. Ich war nie der Techniker, aber ich war ein ehrlicher Spieler. Ich habe mit Einsatz und Kampf doch einiges geschafft. Und diese Einstellung erwarte ich auch von den Spielern. Man sagt ja im Fußball oft: Das Glück hat in einem Spiel gefehlt. Ich bin aber überzeugt, dass man das Glück auch erzwingen kann, wenn man am Platz wirklich alles gibt. Viele scheitern ja leider im Kopf.

Du hast dir am Freitag das Spiel in Lafnitz vor Ort angesehen, was war dein Eindruck?
Ich war positiv überrascht, man hat gesehen, dass die Mannschaft lebt, und die Spieler sich gegenseitig anfeuern. Schade nur, dass sie sich nicht selbst belohnt haben. Da waren ja Mörderchancen dabei. Ich war dann selber schon so emotional, dass ich einmal irgendwas hineingerufen habe bei einer Schiedsrichterentscheidung, die ich anders gesehen habe (lacht). Aber so bin ich eben. Ich lebe einfach bei jedem Spiel mit.

Man kennt dich als sehr emotionalen Spieler und Trainer, wird man dich in Waidmannsdorf in ähnlicher Rolle erleben?
Ich war schon als Spieler jemand, der immer gewinnen wollte. Daher habe ich auch ziemlich viele gelbe Karten kassiert. Aber ich denke, dass ich mittlerweile auch etwas ruhiger geworden bin. So emotional wie in der Zeit als Trainer in Feldkirchen bin ich wohl nicht mehr (lacht).

Einer der wesentlichen Änderungen, die es mit dir als Trainer geben wird, ist das Vormittagstraining. Am Montag bestreitest du um 9.30 Uhr deine erste Trainingseinheit in Waidmannsdorf. Was hat es damit auf sich?
Na ja, schau, ich war selber Spieler und weiß ja, wie es ist, wenn du nur am Nachmittag ein Training hast. Dann bist du in der Nacht meistens länger munter und gehst erst spät ins Bett, weil du am nächsten Tag eh länger liegen bleiben kannst. Jeder kennt das ja von sich selber: Am Sonntag bleibt man ja auch gern länger im Bett. Das Problem ist nur, dass man dann nicht mehr so fokussiert ist. Daher will ich schon am Vormittag trainieren.

Auch in Lafnitz hat man es wieder gesehen: Eines der wesentlichen Mankos ist die Verwertung der Torchancen, obwohl wir im Sommer eigentlich sehr vielversprechende Offensivspieler geholt haben. Wie willst du die Sache angehen?
Ich kenne es aus meiner eigenen Zeit als Spieler: Ich habe in Braunau damals die zweitmeisten Tore in der Zweiten Liga geschossen. Dann bin ich zur Admira gewechselt und bin das erste halbe Jahr nur herumgestanden und wurde schon als Fehleinkauf bezeichnet. Dann kam ein Trainerwechsel und plötzlich hat es bei mir zu laufen begonnen. Manchmal braucht man als Spieler auch ein bisschen Zeit. Wichtig ist nur, dass ein Spieler selber bereit ist, an sich zu arbeiten. Wenn ihm alles egal ist, wird es natürlich nicht besser werden.

Hast du schon eine Vorstellung, wie deine erste Aufstellung als Austria-Trainer aussehen wird und wie willst du das Spiel anlegen?

Zur Aufstellung will ich noch gar nichts sagen: Ich muss die Spieler erst kennenlernen. Jeder startet bei mir bei Null. Jeder hat die gleichen Chancen, um sich für die Startelf zu empfehlen. Dieser Konkurrenzkampf ist auch sehr wichtig für eine Mannschaft. Dann möchte ich im körperlichen Bereich und bei der Einstellung etwas ändern. Ich habe zum Beispiel das Spiel gegen die Austria Amateure im Stadion gesehen: Das war eigentlich gar kein schlechter Auftritt, aber dann hat der Nachdruck und der Glaube gefehlt, damit man das Spiel auch gewinnt. Vor allem gegen die jungen Amateurteams ist das immer passiert... Da muss man sicher den Hebel ansetzen.

Jetzt gibt es einige, die sagen: Robert Micheu hat ja gar nicht die Erfahrung als Trainer, um in der Zweiten Liga zu arbeiten. Was sagst du den Kritikern?
Ich habe schon als Spieler immer wieder gehört: Du wirst eh kein Fußballer. Dann habe ich es doch geschafft. Oder schau dir den Marcel Koller an: Am Anfang haben sich auch viele gefragt, warum er Teamchef wird. Dann war er auf einmal der Liebling der Nation. Man kann vorher nie sagen, ob ein Konzept aufgehen wird. Aber so ist es eben im Fußball. Für mich hat die Aufgabe bei der Austria einen sehr großen Reiz. Vor allem gefällt mir der Gedanke sehr gut, dass der Klub gesagt hat, er will mit einem Kärntner Trainer weitermachen.

Mit Ried gibt es gleich einen richtigen Brocken zuhause. Was erwartest du dir von deiner Premiere?
Natürlich ist Ried keine einfache Aufgabe, aber ich sehe es so: Im Fußball gibt es sowieso keinen leichten Gegner. Wenn wir unsere Leistung bringen wie in Lafnitz, dann wird es schwer sein, gegen uns zu gewinnen.

Interview: Christian Rosenzopf


HIER: Das erste Videointerview mit Robert Micheu!





Zurück zur Übersicht
Unsere Partner & Sponsoren