Die Rückkehr in violetten Farben

Serie: Rück­kehr in tra­di­tio­nel­len Far­ben

Gegen US Palermo wurde das erste Spiel im Stadion ausgetragen.
Gegen US Palermo wurde das erste Spiel im Stadion ausgetragen. ©  Josef Kuess

Totgesagte leben länger: In der schwersten Krise des Klagenfurter Fußballs feierte die Austria im Sommer 2010 die Wiederauferstehung in den traditionellen Farben. Bereits 2007 hatten Legenden des Klubs eine Rückkehr vorbereitet. Auch die Siebenhügelstraße wurde violett eingefärbt.

2007 nahm das Unheil sei­nen Lauf. Zur Erin­ne­rung: Da der FC Kärn­ten in der 2. Liga ver­geb­lich um den Auf­stieg kämpf­te, hat­te die Lan­des­po­li­tik das Pro­jekt „Aus­tria Kärn­ten“ erfun­den, um den Bun­des­li­ga-Auf­stieg noch recht­zei­tig vor der Euro­pa­meis­ter­schaft 2008 am grü­nen Tisch durch­zu­bo­xen. Dazu bedien­te man sich der Bun­des­li­ga-Lizenz des FC Pasching. Die Ver­ant­wort­li­chen des Lin­zer Vor­stadt­klubs erklär­ten sich bereit, ihren Platz in der höchs­ten Liga zu räu­men, den Ver­ein in Aus­tria Kärn­ten umzu­be­nen­nen und den Ver­eins­sitz nach Kla­gen­furt zu ver­le­gen. Mög­li­che Hin­ter­grün­de des Deals wur­den in der öster­rei­chi­schen Medi­en­land­schaft aus­führ­lich erör­tert.

Kla­gen­furt spiel­te damit bei Eröff­nung der neu­en EM-Are­na plötz­lich in der höchs­ten Spiel­klas­se — ohne sport­lich auf­ge­stie­gen zu sein. Der neue Bun­des­li­ga-Klub konn­te dabei auf groß­zü­gi­ge Unter­stüt­zung des Lan­des zäh­len, so wur­den etwa zahl­rei­che Frei­kar­ten-Aktio­nen durch­ge­führt, um Fuß­ball-Fans aus ganz Kärn­ten ins Sta­di­on zu locken. Die­se Hau­ruck-Akti­on soll­te sich bald als Bume­rang erwei­sen: Denn der eigent­li­che Kla­gen­fur­ter Tra­di­ti­ons­ver­ein — der FC Kärn­ten, der wei­ter­hin zweit­klas­sig war — wur­de im Schat­ten der Aus­tria Kärn­ten kom­plett aus­ge­hun­gert.

Ver­eins­le­gen­den der Aus­tria Kla­gen­furt hat­ten damals bereits den Bra­ten gero­chen — und den Ret­tungs­an­ker aus­ge­wor­fen. „Bereits im Jän­ner 2007 hat­te ich ers­te Infor­ma­tio­nen erhal­ten, dass es Unstim­mig­kei­ten zwi­schen der Ver­eins­füh­rung des FC Kärn­ten und der Lan­des­po­li­tik geben soll“, erin­nert sich Hel­mut König, der zu die­sem Zeit­punkt kei­ne Ver­eins­funk­tio­nen beklei­de­te. „Also habe ich bei der Behör­de nach­ge­fragt, ob der ursprüng­li­che Name ‚SK Aus­tria Kla­gen­furt’ wie­der ver­füg­bar sei“, so König. Schließ­lich hat­te der Stamm­ver­ein von 1927 bis 1999 vor der Umbe­nen­nung in FC Kärn­ten so gehei­ßen.

Tat­säch­lich war der tra­di­ti­ons­rei­che Name wie­der frei. König: „Dann habe ich sofort mei­ne Freun­de akti­viert, wie den Heli Rath oder den Maxi Moser. Ich habe gesagt: Wir müs­sen den Namen sichern und den Ver­ein neu anmel­den. Alle stimm­ten zu — gemein­sam bil­de­ten wir den Vor­stand.“ Am 19. Jän­ner 2007 wur­de der Sport­klub Aus­tria Kla­gen­furt offi­zi­ell bei der Behör­de ange­mel­det. Vor­erst aber hielt man sich im Hin­ter­grund.

Doch bald über­schlu­gen sich die Ereig­nis­se im Kla­gen­fur­ter Fuß­ball: Wäh­rend der Tra­di­ti­ons­klub FC Kärn­ten im Früh­jahr 2009 man­gels finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung den Spiel­be­trieb ein­stel­len muss­te und sämt­li­che Ver­su­che der Wei­ter­füh­rung schei­ter­ten, geriet auch die Aus­tria Kärn­ten nach dem Unfall­tod des Lan­des­haupt­manns Jörg Hai­der in Schwie­rig­kei­ten. 2010 kam es zum Abstieg aus der höchs­ten Spiel­klas­se und Aus­tria Kärn­ten muss­te auf­grund der wirt­schaft­li­chen Lage sogar den Gang in die 3. Liga antre­ten, da man kei­ne Lizenz für den Pro­fi­fuß­ball mehr erhielt. Somit stan­den plötz­lich gleich zwei ehe­ma­li­ge Bun­des­li­ga-Klubs aus Kla­gen­furt vor dem Ende.

Die gro­ße Fra­ge: Wie soll­te es mit dem Fuß­ball in Kla­gen­furt wei­ter­ge­hen? Man hat­te eine schmu­cke EM-Are­na mit 32.000 Plät­zen, doch sport­lich war man am Tief­punkt ange­kom­men. Jetzt schlug die Stun­de der Aus­tria-Gran­den. Die Stadt­re­gie­rung im Rat­haus ent­schied sich ein­heit­lich, dem Fuß­ball­pro­jekt der vio­let­ten Legen­den eine Chan­ce geben und die Aus­tria Kla­gen­furt in den tra­di­tio­nel­len Klub­far­ben wie­der­auf­er­ste­hen zu las­sen. Die Stadt gewähr­te dafür eine ein­ma­li­ge finan­zi­el­le Start­hil­fe, wobei man sich dar­auf ver­stän­digt hat­te, dass die Poli­tik sich nicht in Klub­an­ge­le­gen­hei­ten ein­mi­schen werde.König: „Es gab zwei Vari­an­ten, die dis­ku­tiert wur­den. Ein Neu­start ganz unten in der 2. Klas­se oder ein Ein­stieg in der Regio­nal­li­ga.“ Da der SC St. Stefan/Lavanttal auf­grund von finan­zi­el­len Pro­ble­men sei­nen Platz in der Regio­nal­li­ga auf­ge­ben muss­te, ent­schied man sich für zwei­te Vari­an­te. Im Zuge einer Spiel­ge­mein­schaft mit St. Ste­fan kehr­te Aus­tria Kla­gen­furt somit in die Regio­nal­li­ga zurück – dort­hin, wo der FC Kärn­ten im Jahr 2009 zuletzt gespielt hat­te. König: „Wir muss­ten alles neu auf­bau­en, doch der Andrang der Zuschau­er war unglaub­lich — vom Start weg.“ 1400 Abos wur­den allei­ne für die ers­te Sai­son in der Regio­nal­li­ga ver­kauft. „Die Aus­tria ist wie­der da“, stand auf vie­len Fly­ern geschrie­ben.

Auch sport­lich woll­te man sich auf sei­ne Wur­zeln besin­nen: Vie­le gestan­de­ne Kärnt­ner Spie­ler wur­den aus ganz Öster­reich nach Waid­manns­dorf zurück­ge­holt. Sie soll­ten dabei hel­fen, die Aus­tria Kla­gen­furt lang­fris­tig wie­der in die Bun­des­li­ga zu füh­ren. „Es war eine gro­ße Auf­bruch­stim­mung“, erin­nert sich Mat­thi­as Dol­lin­ger, der dama­li­ge Kapi­tän. „Gemein­sam haben wir damals die vio­let­ten Fah­nen in der Sie­ben­hü­gel­stra­ße auf­ge­hängt.“ Auch das alte Klub­ge­bäu­de wur­de vio­lett ange­stri­chen und auf Vor­der­mann gebracht. Da kamen Fuß­ball­ro­man­ti­ker ins Schwär­men.

Das ers­te Pflicht­spiel wur­de am 20. Juli 2010 im Kärnt­ner Cup in Maria Saal aus­ge­tra­gen. Die Aus­tria konn­te sich mit 9:2 durch­set­zen. Zahl­rei­che Kla­gen­fur­ter Anhän­ger hat­ten sich dort bereits mit vio­let­ten Fah­nen und Trans­pa­ren­ten bemerk­bar gemacht. Das aller­ers­te Pflicht­spiel-Tor erziel­te der damals erst 19-jäh­ri­ge Mar­kus Pink. Der ers­te gro­ße Auf­tritt im Wör­ther­see-Sta­di­on folg­te am 1. August 2010 mit dem Freund­schafts­spiel gegen den ita­lie­ni­schen Tra­di­ti­ons­ver­ein US Paler­mo. Knapp 5000 Zuschau­er waren live dabei, um die neu­for­mier­te Aus­tria im Sta­di­on zu bewun­dern. Es war wie­der was im Ent­ste­hen im Kla­gen­fur­ter Fuß­ball.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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