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Serie: Tor des Jahres und TV-Auftritt

Er war der Publikumsliebling in Waidmannsdorf: Kassim Ramadani, der Stürmer aus Tansania. Mit seinem Fallrückzieher-Tor gegen Austria Wien im Oktober 1983 hatte er sich endgültig in die Herzen der Fans geschossen. Zeitzeugen und Mitspieler erinnern sich.

Die Zeitreise durch die violette Historie führt in den Sommer 1983. Ganz Klagenfurt und ganz Kärnten ist im Fußballfieber. Die Austria hatte das erste Jahr nach der Bundesliga-Rückkehr auf dem sechsten Platz (unter 16 Teams) abgeschlossen.

Auch im zweiten Jahr im Oberhaus hatte die Mannschaft von Trainer-Professor Walter Ludescher eine Menge vor. Schließlich galt es zudem im eigenen Land zu zeigen, wer der Herr im Hause ist. Denn mit dem SV St. Veit als Aufsteiger gab es erstmals wieder einen Lokalrivalen in der höchsten Spielklasse.

Es sollte vor allem das Jahr des Kassim Ramadani werden. Der Dribbelkünstler aus Tansania hatte am 29. Oktober 1983 seinen ganz großen Auftritt, von dem sich Fußballfans in Kärnten heute noch begeistert erzählen. An jenem Samstag war die Austria Wien zu Gast im Wörthersee-Stadion. Jene Startruppe, die in der Vorsaison nur aufgrund des schlechteren Torverhältnisses den Meistertitel verpasste (man erzielte fünf Tore weniger als Stadtrivale Rapid) und die als haushoher Favorit angereist war.

Mit dem aus Klagenfurt stammenden Nationalgoalie Friedl Koncilia, Robert Sara, Karl Daxbacher, Ernst Baumeister, Tibor Nyilasi und natürlich Herbert Prohaska hatte man das „Who is Who“ des österreichischen Fußballs aufzubieten.

„Werden sie wieder verlieren?“

Und doch sollte es wieder der Tag werden, an dem die Wiener Austria ausgerechnet in Klagenfurt die Punkte liegen ließ. „Sie haben zuvor neun Monate nicht verloren, aber sie sind uns einfach gelegen vom Stil her. Die Zeitungen haben schon vorher geschrieben: Werden sie wieder verlieren?", erzählt Erfolgstrainer Ludescher. Und genau so kam es.

„Die Wiener kamen meist frisch vom Urlaub zu uns, und ehe sich alle übersehen haben, waren wir schon 2:0 vorne. Vor allem die schwarze Perle hat alle schwindlig gespielt", erinnert sich Helmut König ehrfürchtig. Mit der „schwarzen Perle“ war natürlich Kassim Ramadani gemeint. Es war die 22. Minute, als eines der spektakulärsten Tore der Austria-Geschichte gefallen ist: Franz Oberacher mit dem Pass auf Ewald Türmer, der mit einem Haken nach links, der Flanke und Ramadani mit dem Fallrückzieher zum 1:0. Keine Abwehrchance für Torhüter Koncilia. Und das Stadion bebte.

Assistgeber Ewald Türmer verrät, warum das Kult-Tor ohne seinen Vater niemals passiert wäre. „Mein Papa hat immer gesagt: Bua, tua mit dem schwächeren Fuß trainieren. Tatsächlich habe ich die Flanke mit meinem eigentlich schwächeren Fuß getreten", sagt Türmer. Der Lavanttaler musste übrigens später selbst als Austria-Wien-Kicker erleben, wie es ist, wenn man ausgerechnet in Waidmannsdorf verliert …

Die Austria aus Klagenfurt siegte an diesem 29. Oktober mit 2:0 - und Ramadani war fortan der Held der Nation. Sein Fallrückzieher-Treffer wurde sogar zum „Tor des Jahres“ gekürt. Daher wurden er und Trainer Ludescher zur Ehrung nach Wien eingeladen.

Fernsehauftritt im Kärntner Anzug

Der Professor hatte die Idee für ein besonderes Outfit für Kassim: „Ich dachte mir, es wäre doch eine gute Einlage, wenn Ramadani mit dem Kärntner Anzug in Wien auftaucht. Also ging ich zu unseren Sponsor Hans Jörg Kirchbaumer, der ihm einen Kärntner Anzug verpasste. Erst meinte Kassim: ‚Trainer, was kriege ich, wenn ich den Anzug trage.‘ Darauf meinte Kirchbaumer, dass eine Gage nicht infrage komme, immerhin habe er schon Nationalmannschaften ausgestattet“, erzählt Ludescher.

Ramadani willigte schließlich doch ein - und sein Auftritt im Kärntner Anzug wurde zum Fernseh-Hit. Es war im Übrigen lange nicht die einzige Anekdote, die der Stürmer aus Tansania lieferte. Dazu an anderer Stelle mehr. Die Austria schloss die Saison auf dem starken, siebten Platz ab, während der SV St. Veit nach nur einem Jahr wieder aus der Bundesliga absteigen musste. Mit einem 2:1-Heimsieg und einem 3:3 auswärts waren die Waidmannsdorfer in beiden Kärntner Derbys unbesiegt geblieben.

Eine Serie von Christian Rosenzopf

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