Die legendären 80er

Serie: Die Frau mit dem vio­let­ten Herz

©  Christian Rosenzopf

Eine violette Armbanduhr, eine violette Schürze und eine lautstarke Stimme - für die Austria! Das ist Anna Krainz. Die legendäre Platz- und Zeugwartin hat nie ein Tor geschossen, ist aber eines der bekanntesten Gesichter des Vereins. Seit mehr als 40 Jahren rackert und schreit sie sich für ihre Burschen die Seele aus dem Leib. Nicht einmal eine Lungen-OP konnte sie davon abhalten.

Hin­ter jedem erfolg­rei­chen Fuß­ball­klub steht eine star­ke Frau. Bereits in den spä­ten 1970er-Jah­ren mäh­te Anna Krainz für die Aus­tria den Rasen, da sie beim Stadt­gar­ten­amt beschäf­tigt war. „Sigi Krass­nig war damals der Platz­meis­ter, er hat mich immer bei den Spie­len gese­hen und er wuss­te, dass ich gleich gegen­über vom Sta­di­on woh­ne, nur 50 Meter Luft­li­nie ent­fernt.”

Es kam, wie es kom­men muss­te. „Im März 1980 hat mich der dama­li­ge Stadt­rat gefragt, ob ich die neue Platz­meis­te­rin wer­den will. Da hab‘ ich gesagt: Ja, sicher! Dann durf­te ich offi­zi­ell zuschau­en kom­men und muss­te nicht mehr über den Zaun spio­nie­ren.” Mitt­ler­wei­le ist das Ja-Wort für die Aus­tria mehr als 40 Jah­re her und Anna Krainz brennt immer noch für ihre Vio­let­ten wie am ers­ten Tag. Eine Lie­be — mit allen Höhen und Tie­fen.

Kaum hab‘ ich als Platz­meis­te­rin begon­nen, sind wir schon in die Bun­des­li­ga auf­ge­stie­gen. Da waren die Kabi­nen im Süden des alten Sta­di­ons und die Mann­schaf­ten sind über eine Unter­füh­rung in das Sta­di­on ein­mar­schiert. Das waren Zei­ten. Dann kam der Fall bis run­ter in die Kärnt­ner Liga. Was hab‘ ich da mit­ge­lit­ten.”

Und Anna Krainz war immer dabei. „Über­all auf den Sport­plät­zen haben sie mich ange­re­det: Du mit dei­ner Aus­tria. Da hab‘ ich immer strei­ten und dis­ku­tie­ren müs­sen. Aber irgend­ei­ne Ent­schul­di­gung hab‘ ich immer bereit gehabt. Irgend­was ist mir immer ein­ge­fal­len.” Zu über­hö­ren ist sie ohne­dies nie. Egal, ob am Trai­nings­platz oder im Sta­di­on. „Jetzt, wo ich auf die 80 zuge­he, ist es nicht mehr so leicht, dass man mich auf der Tri­bü­ne gleich raus­hört, aber schrei­en tua ich immer noch, das ist klar.“Für vie­le ist sie auch ein­fach die Bür­ger­meis­te­rin von Waid­manns­dorf. Was sie sagt, das gilt.

Ein Blatt vor den Mund hat sie sowie­so nie genom­men — sogar Lothar Mat­thä­us bekam von ihr bei einem Gast­spiel in Kla­gen­furt die Levi­ten gele­sen, aber dazu mehr im Rah­men der Serie. Ein wei­te­res Mar­ken­zei­chen von Anna Krainz ist ihre Haar­far­be. „Eigent­lich hab‘ ich schon vor über 20 Jah­ren graue Haa­re bekom­men, aber dann kam die Tau­fe vom Enkerl. Dann hat mein Sohn gemeint: Mit wei­ßen Haa­ren brauchst du nicht daher­kom­men. Mach die Haa­re ein­fach Kasch­mir-Rot. Seit­dem fär­be ich sie mir immer selbst.”

Wie vie­le Spie­le sie in 40 Jah­ren ver­passt hat? Das kann man tat­säch­lich an einer Hand abzäh­len. „Ein­mal ging’s halt nicht, weil ich eine Lun­gen-OP hat­te. Sobald ich aus der Nar­ko­se auf­ge­wacht bin, hat der Arzt den Dau­men hoch­ge­hal­ten und gesagt: 2:1 gewon­nen. Dann war ich beru­higt.” Und eines hat sich bis heu­te nicht geän­dert: „Wenn die Aus­tria spielt, kann ich schon einen Tag vor­her nicht schla­fen. Ich hab‘ ein­fach vor jedem Spiel Bauch­weh, da kannst machen, was willst.”

Zu den Spie­lern hat­te sie stets eine beson­de­re Bezie­hung, denn vie­le Jah­re war sie auch Zeug­war­tin der Mann­schaft. „Ich war schon das Inven­tar der Mann­schaft. Ich war bei jedem Trai­ning und jedem Match in der Kabi­ne. Wir haben uns oft gegen­sei­tig gehän­selt — aber es hat immer gepasst. So man­che Schwei­ne­rei hab‘ ich auch ent­deckt, aber dar­über reden wir heu­te nicht mehr”, erzählt sie und lacht.

Noch heu­te wäscht Anna Krainz für den Nach­wuchs die Dres­sen und ist immer da, wenn sie schnell gebraucht wird. „Solan­ge ich irgend­wo noch krie­chen kann, wer­de ich wei­ter­hin das Licht ein­schal­ten oder auf- und zusper­ren, wenn wie­der jemand vor einer ver­schlos­se­nen Türe steht.”

Die Aus­tria ist ein­fach ihr Leben. Ihr gan­zer Stolz. „Mir war das auch egal, wie wir gera­de gehei­ßen haben. Egal, ob FCK oder weiß der Kuckuck. Für mich war das immer die Aus­tria!”

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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