Die Jahrhundert-Erfolge ab 2000

Serie: „Scho­ko“ lässt sich nicht beir­ren

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Unsere 100-Jahr-Serie geht weiter. Diesmal sprachen wir mit Walter Schachner. Er hat in der Saison 2000/01 mit dem FC Kärnten alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Er feierte den Meistertitel in der 2. Liga samt Aufstieg, Cup-Sieg und Supercup-Sieg. Zudem war er mit 44 Jahren der älteste Kicker, der je am Kaderzettel stand. Dabei wurde „Schoko“ auch in Klagenfurt zu Beginn heftig kritisiert.

Er kam als „Trai­ner-Lehr­ling“ und ging als „Trai­ner-Super­star“. Im Som­mer 2000 wur­de der ehe­ma­li­ge ÖFB-Team­ki­cker Wal­ter Schach­ner als Chef­trai­ner enga­giert. Es war – mal wie­der — ein Neu­start in Waid­manns­dorf. Die Mann­schaft hat­te in der Vor­sai­son den fünf­ten Platz im Unter­haus geholt. Damit war man deut­lich ent­fernt vom Bun­des­li­ga-Auf­stieg.

„Das Enga­ge­ment in Kla­gen­furt war für mich etwas Beson­de­res. Vor­her war ich Trai­ner bei Zelt­weg in der Lan­des­li­ga. Plötz­lich durf­te ich eine Mann­schaft aus der 2. Liga trai­nie­ren“, erin­nert sich der Stei­rer an sei­nen Start in Kärn­ten. Kei­ner hät­te zu träu­men gewagt, dass gleich sei­ne ers­te Sai­son mit einem „Tri­ple“ enden wür­de.

Im Gegen­teil, es begann unter­ir­disch. Der neue Coach war ein Ver­fech­ter der Abwehr-Vie­rer­ket­te, die damals kaum bekannt war. Schach­ner hat­te das neue Spiel­sys­tem von den Ita­lie­nern über­nom­men. Sein Vor­bild war der ita­lie­ni­sche Erfolgs­trai­ner Arri­go Sac­chi. Schach­ner: „Das Sys­tem haben auch die Jour­na­lis­ten nicht kapiert, sehr oft wur­de ich bei den Pres­se­kon­fe­ren­zen danach gefragt. Ich habe es dann sogar auf einer Tafel auf­ge­zeich­net. Dann habe ich gesagt: Ihr ver­steht das eh nicht.”

Auch im Vor­stand reg­te sich Wider­stand: „Man kam auf mich zu und bat mich, mit dem Trai­ner zu reden, ob wir nicht die Vie­rer­ket­te auf­ge­ben kön­nen, weil die nicht funk­tio­nie­re“, ver­rät Zel­j­ko Vuko­vic, der damals als ältes­ter Spie­ler der Mann­schaft als Ansprech­part­ner für die Ver­eins­füh­rung dien­te. Er war nur fünf Jah­re jün­ger als Trai­ner Schach­ner. Nach der 0:3‑Derbypleite gegen Bad Blei­berg in der drit­ten Run­de war end­gül­tig Feu­er am Dach. Doch Schach­ner blieb kon­se­quent: „Ich habe gewusst, da müs­sen wir jetzt durch.“

Chris­ti­an Sab­lat­nig, der im Mit­tel­feld agier­te, erin­nert sich gut an die „Theo­rie­stun­den“ des Fuß­ball-Leh­rers. „Er war der Ein­zi­ge, der das 4–4‑2-System erklä­ren konn­te. Er hat uns ein Video vom AC Milan aus dem Jahr 1983 gezeigt, wo sie das zum ers­ten Mal trai­niert haben. Der Vor­teil an dem Sys­tem war, das jeder sei­ne Auf­ga­be hat­te.” Mit Absperr­bän­dern ver­such­te der neue Trai­ner den Spie­lern das Sys­tem bei­zu­brin­gen — und ein­zu­prä­gen.

Der Fleiß und die Kon­se­quenz wur­den belohnt: Nach eini­ger Zeit hat­te die Mann­schaft die Vie­rer­ket­te immer bes­ser beherrscht. Dazu hat­te man mit den Rou­ti­niers Heimo Vor­der­eg­ger, Zel­j­ko Vuko­vic, Sti­pe Brnas und dem jun­gen auf­stre­ben­den Links­ver­tei­di­ger Ema­nu­el Poga­tetz das „rich­ti­ge“ Per­so­nal in der Abwehr. Das wuss­te Schach­ner natür­lich. So muss­te man schließ­lich in der Sai­son in 36 Spie­len nur 34 Gegen­to­re hin­neh­men. Ein abso­lu­ter Top­wert. Und vor allem ein Punkt für „Scho­ko“.

Auch in der Offen­si­ve hat­te der Chef­coach eine Waf­fe parat: Roland Koll­mann, ein Stür­mer aus Ober­kärn­ten, der unter Schach­ner voll auf­blüh­te. „Die Che­mie zwi­schen uns hat ein­fach gestimmt.“ Mit 28 Tref­fern schoss Koll­mann den FC Kärn­ten fast im Allein­gang nach oben. Das wich­tigs­te Ziel — die Bun­des­li­ga — war damit erreicht.

Da der FCK vor­zei­tig den Meis­ter­ti­tel in tro­cke­nen Tüchern hat­te, kam es im letz­ten Meis­ter­schafts-Heim­spiel gegen Brau­nau zu einer ein­ma­li­gen Bege­ben­heit. Obwohl er sei­ne akti­ve Kar­rie­re längst been­det hat­te, wech­sel­te Schach­ner sich in der 64. Minu­te zur Über­ra­schung aller selbst ein.

Mit 44 Jah­ren war er somit der ältes­te Spie­ler, der jemals für die Kampf­mann­schaft auf­ge­lau­fen war. „Ich habe dann sogar bei einem Schuss die Stan­ge getrof­fen, das wäre was gewe­sen, da ärge­re ich mich heu­te noch“, erin­nert er sich mit einem Lächeln. Danach kam es zur fei­er­li­chen Über­ga­be des Meis­ter­tel­lers. „Da sind Trä­nen geflos­sen, es war ein­fach eine wun­der­ba­re Zeit.“

Weni­ge Tage spä­ter kam es noch schö­ner: Der FC Kärn­ten konn­te im Cup-Fina­le gegen den gro­ßen FC Tirol gewin­nen. Schach­ner: „Wir haben gewusst, wir haben in die­sem Spiel gar nichts zu ver­lie­ren. An die­sem Tag hat ein­fach alles gepasst. Wir waren wirk­lich, wirk­lich gut und die Tiro­ler haben uns sicher ein biss­chen unter­schätzt”, blickt er auf den gro­ßen Tri­umph zurück.

Plötz­lich war der FC Kärn­ten die Mann­schaft in Öster­reich — und „Scho­ko“ Schach­ner der Trai­ner des Jah­res. „Mit dem Auf­stieg und dem Cup-Titel ist eine unglaub­li­che Eupho­rie ent­stan­den. Aber der Spruch ‚Kärn­ten is a Wahn­sinn’ kommt wohl nicht umsonst.“

Auch in der Bun­des­li­ga konn­te Schach­ner mit dem FC Kärn­ten danach gehö­rig mit­mi­schen. Vie­le gro­ße Teams wie Rapid, Sturm und der GAK wur­den im aus­ver­kauf­ten Wör­ther­see-Sta­di­on nie­der­ge­run­gen. So beleg­te man im ers­ten Jahr im Ober­haus unter zehn Mann­schaf­ten sogar den fünf­ten Platz. Der FC Kärn­ten wur­de zum Sprung­brett für Schach­ner: Im Herbst 2002 wur­de er von Mil­li­ar­där Frank Stro­nach zu Titel­an­wär­ter Aus­tria Wien geholt.

„Scho­ko“ führ­te die Wie­ner prompt in der Tabel­le auf Platz eins (wur­de dort aber trotz­dem bald gefeu­ert). Nach einer kur­zen Aus­zeit über­nahm er noch in der­sel­ben Sai­son den GAK am vor­letz­ten Platz und führ­te die Gra­zer sogar noch bis zum Vize­meis­ter­ti­tel. Das war die Geburts­stun­de der legen­dä­ren „Scho­ko-Tabel­le“. Ein Jahr spä­ter wur­de er sogar Meis­ter mit dem GAK. Eine ein­ma­li­ge Trai­ner-Lauf­bahn, die in Kla­gen­furt begon­nen hat­te. Wie gut, dass er sei­ne Vie­rer­ket­te nie­mals auf­ge­ge­ben hat­te …

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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