Serie: „Fußball-Opa" im Nationalteam

Kaum zu glauben, aber wahr: Im Alter von 39 Jahren schaffte Zeljko Vukovic durch herausragende Leistungen in Klagenfurt den Sprung ins Nationalteam. Der „Fußball-Opa“ erinnert sich an legendäre Zeiten. Damals wurden Verträge schnurstracks im Vorbeigehen ausgehandelt.

Eigentlich hatte Zeljko Vukovic im Sommer 1999 mit seiner großen Bundesliga-Zeit abgeschlossen. Der GAK hatte den Vertrag mit dem damals 37-jährigen Abwehr-Ass nicht mehr verlängert. Doch das Ende der Laufbahn war damit nicht besiegelt – ganz im Gegenteil, es ging erst so richtig los.

Denn am nächsten Tag klingelte sein Telefon. Am anderen Ende: Manfred „Waschi“ Mertel, der ihm einen Wechsel zur Austria Klagenfurt schmackhaft machte. "Er sagte mir, dass man mich unbedingt haben wolle. Das hat mich sehr positiv überrascht, denn ich wollte meine Karriere nicht einfach so beenden", erinnert sich Vukovic.

Plötzlich spielte der Grazer Fan-Liebling in Klagenfurt. Das erste Jahr in der 2. Liga verlief noch holprig. „Das Ziel des Vereins war der Aufstieg in die Bundesliga, aber wir hatten keine Chance“, blickt Vukovic zurück. Letztlich mussten sich die Violetten mit Platz fünf begnügen. Vukovic' Zeit in Klagenfurt schien bereits wieder abzulaufen, da es wenig Aussicht auf eine Vertragsverlängerung gab.

„Ich habe gesagt: Wenn ihr nicht möchtet, dass ich bleibe, dann habe ich kein Problem. Ich bin 38 Jahre alt, dann höre ich endgültig auf. Ich habe sogar schon meine Frau informiert, dass es bald vorbei ist.“, berichtet Vukovic, der aber ein weiteres Mal zum Bleiben verführt wurde.

Helmut König, eine Legende des Vereins, kam ins Spiel. „Ich spazierte beim alten Klubgebäude vorbei, wo sich das Vereinsbüro befand. ‚Kinke‘ stand dort, oberhalb der Kantine. Er rief mich zu sich und sagte, ich solle unbedingt bleiben. Man werde schon eine Lösung finden. Also habe ich meine Frau angerufen und gesagt: Ich verlängere doch um ein Jahr.“

Eine weise Entscheidung aller Beteiligten. Jetzt nahm das Fußball-Märchen seinen Lauf. Vukovic: „Als ich nach der Sommerpause vom Urlaub nach Klagenfurt zurückkam, war plötzlich alles anders. Es gab eine Pressekonferenz mit einem neuen Trainer (Walter Schachner, Anm.) und der Landeshauptmann wurde Klubpräsident. Wenn ich mich recht erinnere, kam er sogar mit dem Hubschrauber eingeflogen.“

Es folgte die erfolgreichste Saison der Klubgeschichte - mit Aufstieg, Cup-Sieg und Supercup-Erfolg im Sommer 2001 Dabei hätte Vukovic um ein Haar das Jahrhunderttor von Mario Steiner im Pokal-Finale in Wien verhindert. „Bevor er seinen Schuss abgab, wollte ich eigentlich unbedingt, dass er einen Pass zu mir macht. Man sieht es gut am Video. Ich habe ihn angeschrien, warum er mir nicht den Ball zuspielt. Ich habe so lange geschrien - bis der Ball im Netz zappelte“, sagt Vukovic und lacht.

Und sein Lauf war lange nicht zu Ende. Plötzlich stand Vukovic vor der Rückkehr in die Bundesliga - mit 39 Jahren. Die Vertragsverlängerung wurde wieder im Vorbeigehen besiegelt. Der geschäftsführende Präsident Josef Steindorfer stand gerade am Balkon des Klubgebäudes, als Vukovic zum Training spazierte. „Plötzlich rief er: ‚Hey, Vuko, was machst du eigentlich nach dem Cup-Finale? Möchtest du nicht noch ein Jahr in der Bundesliga bei uns bleiben?‘ Da habe ich gesagt: Okay, ich fühle mich gut, machen wir.“ Verhandlungen, wie man sie damals eben führen konnte.

Es kam noch besser: Vukovic wurde in der Bundesliga zum alles überstrahlenden Abwehrchef. Gemeinsam mit Heimo Vorderegger, Sasa Papac und Helgi Kolvidsson bildete er eine der besten Viererketten der Bundesliga. Wobei der Routinier durch ein solides Stellungsspiel mit den deutlich jüngeren Gegenspielern mithalten konnte. „Ich habe immer versucht vorauszuahnen, was der Gegner als nächstes macht. Ich habe anhand der Körpersprache schon geahnt, wohin er mit dem Ball laufen möchte.“

Und so passierte das völlig Unerwartete. Im September 2001 hatte Vukovic mehrere verpasste Anrufe auf seinem Handy. Am anderen Ende: Österreichs Teamchef Otto Baric. Es ging um das hitzige WM-Qualifikationsspiel in Israel. Terroranschläge hatten zuvor das Land erschüttert - weshalb neun Teamspieler aufgrund von Sicherheitsbedenken ihre Anreise verweigerten.

Vukovic nahm die Anfrage zunächst nicht ernst: „Ich dachte, es macht einer einen Schmäh mit mir.“ Doch es war wirklich der Teamchef, der ihn angerufen hatte. So durfte der FC Kärnten-Abwehrchef am 27. Oktober 2001 in Tel Aviv zum ersten Mal für Österreich auflaufen. Er ist damit der älteste Debütant des Nationalteams aller Zeiten.

„Ich war damals körperlich am Limit. Immerhin hatten wir ja auch Europacup und Cup gespielt und sind viel gereist. Ich war also total leer. Aber es war natürlich etwas Besonderes, in so einem wichtigen Spiel dabei zu sein. Die Atmosphäre in Tel Aviv war unglaublich. Alle dort waren gegen uns. Aber das hat uns nur noch mehr motiviert", erinnert sich Vukovic. Tatsächlich konnte Österreich durch ein Freistoßtor von Andreas Herzog in der Nachspielzeit das wichtige 1:1 holen, das zum Weiterkommen in der WM-Qualifikation reichte. „Es war wie im Märchen, dass ich das alles noch erleben durfte."

Beinahe wäre Vukovic sogar noch zur WM gefahren, doch Österreich scheiterte in den beiden nachfolgenden Playoff-Spielen an der Türkei. Die Türken holten dann sogar den dritten Platz bei der WM. Dafür konnte Vukovic noch eine Weile in der Bundesliga zaubern. Sogar die gegnerischen Fans haben ihm Respekt gezollt. Als der FC Kärnten im alten Wörthersee-Stadion mit 3:2 gegen den GAK gewinnen konnte, hallte es „Vuko, Vuko“-Sprechchöre aus dem Gästeblock. „Die Fans aus Graz haben mich gefeiert, obwohl wir gerade gegen sie gewonnen hatten. So etwas vergesse ich auch nie.“

Mit Ende der Saison 2001/02 war dann Schluss. Endgültig. Vukovic beendete seine Bundesliga-Karriere – im Alter von 40 Jahren. „Das letzte Match gegen Rapid war mein Abschiedsspiel. Es war sehr emotional. Wir spielten 1:1, danach haben 5000 Leute am Vorplatz mit mir gefeiert.“ Ein würdiger Abschluss für den „Fußball-Opa“.

Eine Serie von Christian Rosenzopf

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