Die turbulenten 90er

Serie: Knall­ef­fekt im Kärnt­ner Fuß­ball

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Zu einem Knalleffekt im Kärntner Fußball kam es 1997: Klagenfurt und Villach machten gemeinsame Sache. Die Austria fusionierte ausgerechnet mit dem Erzrivalen VSV. Das Experiment klappte: Gleich im ersten Jahr schaffte das neu formierte Ensemble den Aufstieg in die 2. Liga.

Nach dem Auf­stieg in die Regio­nal­li­ga hat­ten die leid­ge­prüf­ten Anhän­ger der Aus­tria im Som­mer 1996 end­lich wie­der Grund zum Fei­ern. Vier Jah­re Lan­des­li­ga waren nur schwer zu ver­kraf­ten. Die ers­te Sai­son in Liga drei wur­de auf einem Mit­tel­feld­platz been­det: Rang sie­ben von 14 Ver­ei­nen. Ziel war es, die Aus­tria wie­der nach oben zu füh­ren. Doch das Geld fehl­te wei­ter­hin an allen Ecken und Enden. So kam es im Früh­jahr 1997 zu einer rich­tungs­wei­sen­den Ent­schei­dung. Da der stets umtrie­bi­ge Obmann Hans Jalovetz sich außer Stan­de sah, noch Geld für den Klub auf­zu­trei­ben, schlug die Stun­de der ehe­ma­li­gen Spie­ler­le­gen­den.

Hel­mut König kehr­te als Klub­ma­na­ger zu sei­nem Her­zens­ver­ein nach Waid­manns­dorf zurück. Mit Man­fred Mer­tel und Lan­des­rat Die­ter Hal­ler konn­te er zwei star­ke Unter­stüt­zer gewin­nen. Als Ver­eins­kas­sier fun­gier­te damals Josef Stein­dor­fer, der spä­te­re Prä­si­dent des FC Kärn­ten.

„Plötz­lich kam Lan­des­rat Hal­ler zu mir und sag­te, er habe einen Anruf aus Vil­lach bekom­men. Sie wol­len eine Spiel­ge­mein­schaft mit uns“, erin­nert sich König. „Dann habe ich gesagt: Das krie­gen wir bei den Fans ja nie­mals durch. Wie soll das funk­tio­nie­ren mit Kla­gen­furt und Vil­lach?”

Da aber bei­de Ver­ei­ne finan­zi­ell am Limit waren und die Kärnt­ner Fans sich nach der Bun­des­li­ga sehn­ten, einig­te man sich auf die unge­wöhn­li­che Hei­rat. Kla­gen­furt und Vil­lach wur­den zu einem Regio­nal­li­ga-Klub zusam­men­ge­legt. Austria/VSV. Das bedeu­te­te einen gemein­sa­men Vor­stand mit Ver­tre­tern bei­der Sei­ten. Ein gemein­sa­mes Bud­get. Doch die Klub- und Dres­sen­far­be blieb Vio­lett.

Heim­spie­le in zwei Sta­di­en Um die Vil­la­cher Anhän­ger zu besänf­ti­gen, wur­de ver­ein­bart, dass die Heim­spie­le abwech­selnd im Wör­ther­see-Sta­di­on in Kla­gen­furt und im Sta­di­on Vil­lach-Lind aus­ge­tra­gen wer­den. Dafür erklär­ten sich die VSV-Ver­ant­wort­li­chen bereit, ihre eige­ne Mann­schaft aus der Regio­nal­li­ga zurück­zu­zie­hen, die immer­hin in der Vor­sai­son den drit­ten Platz geholt hat­te und damit noch deut­lich vor der Aus­tria gele­gen war. Dazu brach­te der VSV mit Hera­klith einen bedeu­ten­den Spon­sor mit.

Auch wenn die Skep­sis zunächst groß war, wirk­te sich die „Zwangs­hei­rat“ im sport­li­chen Bereich sehr posi­tiv aus: Bis zur zwölf­ten Run­de blieb die Mann­schaft von Wal­ter Schop­pitsch sogar ohne Nie­der­la­ge, ehe man bei Titel­an­wär­ter Voits­berg eine 0:3‑Klatsche kas­sier­te. Es soll­te im Übri­gen die ein­zi­ge Nie­der­la­ge in der Meis­ter­schaft blei­ben.

Unter Trai­ner Wal­ter Knal­ler konn­te man im Früh­jahr noch einen Gang zurück­le­gen. So kam es in der vor­letz­ten Run­de zu Hau­se gegen Voits­berg zum gro­ßen Show­down um den Titel in der Regio­nal­li­ga. Im Wör­ther­see-Sta­di­on hat­te man bereits ein gro­ßes Rah­men­pro­gramm vor­be­rei­tet mit einem Platz­kon­zert der Musik­ka­pel­le, einer Hub­schrau­ber-Besich­ti­gung neben dem Bier­gar­ten, der Vor­füh­rung des Fall­schirm­sprin­ger­clubs und Ver­kos­tung des „WM-Bro­tes“.

Das 1:1 gegen Voits­berg reich­te aber noch nicht zum Titel. Der Meis­ter-Sekt blieb ein­ge­kühlt. So muss­te man aus­wärts in der letz­ten Run­de in Grat­korn bestehen. Tat­säch­lich sieg­te die Aus­tria mit 1:0 und durf­te den Meis­ter­tel­ler in die Höhe stem­men. Spie­ler wie Mar­kus „Magic“ Aigner, Riva­li­no Sleur, Tho­mas Höl­ler, Kai Schop­pitsch oder Igor Ogris zähl­ten damals zum Stamm­per­so­nal.

Für den Auf­stieg in die 2. Liga genüg­te der Meis­ter­ti­tel aber noch nicht. Denn jetzt kam es zur Rele­ga­ti­on gegen Unter­sie­ben­brunn, den Meis­ter der Regio­nal­li­ga Ost. Das Hin­spiel in der 1500-Ein­woh­ner-Gemein­de in Nie­der­ös­ter­reich ging knapp mit 1:2 ver­lo­ren. Den Tref­fer der Aus­tria erziel­te Chris­ti­an Sab­lat­nig. Der Tor­schüt­ze erin­nert sich: „Vor dem Spiel haben Igor Ogris und Heimo Vor­der­eg­ger auf Trai­ner Knal­ler ein­ge­re­det, dass ich unbe­dingt spie­len soll, weil ich viel lau­fe. Nach 17 Minu­ten habe ich dann das 1:0 erzielt, also hat es sich wohl aus­ge­zahlt.”

Dann kam es zum „Spiel der Spie­le“ am 13. Juni 1998 im alten Wör­ther­see-Sta­di­on: Die Aus­tria Kla­gen­furt gegen Unter­sie­ben­brunn. Das Mot­to: Alles oder nichts. Die „Klei­ne Zei­tung“ rich­te­te sogar eine Tele­fon-Hot­line ein, unter der man lau­fend den aktu­el­len Spiel­stand abru­fen konn­te.

Quer­lat­te ret­te­te den Auf­stieg Die Zahl 13 im Datum erwies sich schließ­lich als Glücks­zahl. Denn die Aus­tria konn­te den Kri­mi im Wör­ther­see-Sta­di­on mit 2:0 für sich ent­schei­den. Dabei hat­te Tor­hü­ter-Legen­de Alex­an­der „Fip­se“ Phil­ipp nach dem Füh­rungs­tref­fer durch Vor­der­eg­ger eini­ge Tor­chan­cen der Gäs­te zunich­te gemacht. Sab­lat­nig: „Er hat uns mit sei­nen Para­den am Leben gehal­ten.“

Hel­mut König fie­ber­te auf der Tri­bü­ne mit: „Ich kann mich noch erin­nern, wie aus­ge­rech­net Chris­ti­an Kir­cher — der Kärnt­ner bei Unter­sie­ben­brunn — in der letz­ten Minu­te die Quer­lat­te traf. Da dach­te ich schon: Jetzt ist alles vor­bei.“ So aber konn­te Tho­mas Gil­gen­rei­ner mit dem 2:0 in der 92. Minu­te end­gül­tig alles klar­ma­chen. Für die 5500 Besu­cher im Wör­ther­see-Sta­di­on gab es kein Hal­ten mehr. „Frem­de Men­schen fie­len sich um den Hals“, berich­te­te die „Klei­ne Zei­tung“ nach dem geglück­ten Auf­stieg.

Vie­le Fans ström­ten nach dem Schluss­pfiff auf den Rasen (auch der Ver­fas­ser die­ser Zei­len war im Kin­des­al­ter dabei). Man rit­ter­te um Tri­kots und Socken der Spie­ler — als Andenken an einen his­to­ri­schen Fuß­ball­abend. Ein Feu­er­werk erleuch­te­te nach dem Schluss­pfiff den Waid­manns­dor­fer Him­mel. Die Aus­tria war end­lich zurück!

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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