Die turbulenten 90er

Serie: Mit Vor­der­eg­ger ging es auf­wärts

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Er hat mit der Austria alles erlebt, was man sich vorstellen kann: Er war beim Überlebenskampf in der Kärntner Liga dabei - und feierte danach drei Aufstiege und den Cupsieg in Österreich. Heimo Vorderegger ist eines der Urgesteine der Violetten.

Mit sechs Jah­ren durf­te sich Heimo erst­mals Aus­tria-Spie­ler nen­nen. „Mei­ne Fami­lie ist von Her­ma­gor nach Kla­gen­furt gezo­gen. Und ich woll­te unbe­dingt bei der Aus­tria spie­len. Das war ein­fach der Ver­ein. Da gab es kei­ne ande­re Opti­on”, erin­nert sich Vor­der­eg­ger.

Im Som­mer 1972 war die Aus­tria gera­de in die Natio­nal­li­ga (Bun­des­li­ga) auf­ge­stie­gen. „Die Bedin­gun­gen rund­her­um waren natür­lich ganz ande­re als heu­te. Unser Trai­nings­platz war mehr ein Sand­platz als eine Wie­se. Im Som­mer hat es rich­tig gestaubt und im Win­ter war alles vol­ler Eis­was­ser. Trotz­dem haben wir Kin­der immer im Frei­en trai­niert. Das hat uns abge­här­tet”, blickt er zurück.

Im Nach­wuchs des Klubs zu spie­len, war eine Ehren­sa­che. „Die Aus­tria ging über alles. Ich war ein­fach froh, dass ich dabei sein durf­te. Daher stan­den wir jede freie Minu­te am Platz: Sobald wir aus der Schu­le raus sind, haben wir die Schul­ta­sche weg­ge­wor­fen und haben fünf Stun­den durch auf der Wie­se gespielt, ehe das eigent­li­che Trai­ning erst begon­nen hat. Ich kann mich noch gut erin­nern, wie wir unter Trai­ner Emil Fil­z­wie­ser stun­den­lang nur die ‚Über­stei­ger’ trai­niert haben. Frü­her hat‘s ja außer Fuß­ball nix gege­ben.”

Dabei wäre sei­ne Kar­rie­re am Ende der Nach­wuchs­zeit bei­na­he auf der Kip­pe gestan­den. „Zwi­schen 16 und 19 Jah­ren konn­te ich auf­grund einer Knie­ver­let­zung gar nicht mehr kicken. Für mich war eine Pro­fi­kar­rie­re schon abge­hakt.” Doch der dama­li­ge U21-Trai­ner Wal­ter Jer­nej hat­te das gro­ße Poten­zi­al erkannt. Er ließ den damals 19-Jäh­ri­gen bei drei Par­tien der U21 vor­spie­len. Plötz­lich war Vor­der­eg­ger wie­der ganz groß im Bild.

Es gab kein Zurück mehr: Der dama­li­ge Chef­trai­ner hol­te den Stür­mer im Som­mer 1985 schnur­stracks in die Kampf­mann­schaft, wo er mit Rama­dha­ni, Sen­zen, Schop­pitsch und Co. in der Bun­des­li­ga zau­bern durf­te. „Im Herbst sind wir sogar Drit­ter gewor­den. Wir waren eine tech­nisch sehr star­ke Mann­schaft. Ich bin über­zeugt: Mit den Spie­lern, die wir damals hat­ten, wür­den wir heu­te um den Titel mit­spie­len.“

Vier Jah­re lang durf­te Vor­der­eg­ger mit der Aus­tria in der höchs­ten Liga kicken, doch nach dem Abstieg in die Zwei­te Liga fiel die Mann­schaft aus­ein­an­der. Im Som­mer 1989 kehr­te er sei­nem Her­zens­klub vor­erst den Rücken und wech­sel­te nach St. Pöl­ten, wo er 114 Bun­des­li­ga­spie­le absol­vier­te, ehe ihn ein Schien­bein­bruch aus der Bahn warf.

Aus­ge­rech­net in der tiefs­ten sport­li­chen Kri­se des Ver­eins ent­schied sich Vor­der­eg­ger im Som­mer 1994 zur Rück­kehr nach Waid­manns­dorf. „Es hat nicht gut aus­ge­se­hen. Als ich heim­ge­kehrt bin, hat die Aus­tria gera­de hauch­dünn den Klas­sen­er­halt in der Kärnt­ner Liga geschafft und es waren nur noch acht Spie­ler da. Erwin Pal­ko­witsch woll­te damals schon zusper­ren. Aber es hat mir getaugt, dass die Kicker gesagt haben: Wir spie­len wei­ter für die Aus­tria, auch wenn es kein Geld gibt. Das war echt eine Idea­lis­ten-Par­tie. Der Zusam­men­halt war rie­sig.“

Der dama­li­ge Trai­ner Han­nes Hau­bitz erin­nert sich: „Heimo war für uns in der Kärnt­ner Liga enorm wich­tig, die jun­gen Spie­ler haben zu ihm auf­ge­schaut. Allein des­halb war es das wert, dass wir ihn heim­ge­holt haben. Das ers­te Ziel war es, dass wir mit der jun­gen Mann­schaft die Meis­ter­schaft halb­wegs abschlie­ßen, auch wenn kei­ne Gage bezahlt wird.“

Vor­der­eg­ger ver­dien­te sich zwi­schen­zei­tig in der Gas­tro­no­mie sein Geld und führ­te mit dem „Win­zig“ eines der belieb­tes­ten Loka­le in Kla­gen­furt. Für vie­le Fuß­bal­ler war es bereits wie ein zwei­tes Wohn­zim­mer. Auch sport­lich ging es wie­der auf­wärts: Als man unter Han­nes Hau­bitz im Som­mer 1996 den Auf­stieg in die Regio­nal­li­ga meis­ter­te, ging ein Ruck durch den Ver­ein. 1997 folg­te die Spiel­ge­mein­schaft mit Vil­lach: Austria/VSV.

Vor­der­eg­ger: „Es war schon ein biss­chen eigen­ar­tig, als wir plötz­lich Trai­nings in Vil­lach abge­hal­ten haben. Aber wir wuss­ten, es geht nicht anders. Es war damals die ein­zi­ge Mög­lich­keit, dass wir in Kärn­ten gemein­sam etwas auf­bau­en.“ Der Auf­wand lohn­te sich: Bereits ein Jahr spä­ter gelang der Wie­der­auf­stieg in die 2. Liga.

Für Vor­der­eg­ger war es der Start­schuss in die zwei­te gro­ße Kar­rie­re bei der Aus­tria — und auch er muss­te noch „umler­nen“. Denn der spä­te Erfolgs­trai­ner Wal­ter Schach­ner hat­te eine neue Idee: Er stell­te den gelern­ten Stür­mer in die Abwehr. Das Expe­ri­ment ging auf: Als rech­ter Stamm­ver­tei­di­ger bil­de­te Vor­der­eg­ger eine der wesent­li­chen Säu­len für den spä­te­ren Auf­stieg in die Bun­des­li­ga (2001), den Cup­sieg (2001) und die Auf­trit­te im UEFA-Cup.

So konn­te er schließ­lich 143 Ein­sät­ze für die Aus­tria (FC Kärn­ten) in der höchs­ten Spiel­klas­se bestrei­ten. Noch heu­te erin­nern sich vie­le Fans an sei­ne star­ken Auf­trit­te auf der rech­ten Außen­bahn. Es war also kei­ne schlech­te Idee, ihn in der U21 noch ein­mal vor­spie­len zu las­sen …

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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