Serie: Erster Pott nach dem Neustart

Nach der Neugründung mussten Funktionäre und Fans der Austria Klagenfurt viel Ausdauer beweisen. Die Konkurse der Vorgängervereine hatten ihre Spuren hinterlassen. Doch die treuen Violetten standen in den schweren Stunden zusammen. Mit dem ersten Titel im Landes-Cup ging es langsam aufwärts.

Mit 1400 verkauften Abos war die Austria Klagenfurt nach dem Comeback 2010 der Fan-Magnet in der Regionalliga. Die Ziele waren klar vorgegeben: Nach den Konkursen der Vorgängervereine sollte die rasche Rückkehr ins Oberhaus gelingen. Viele Fans sprachen von der „letzten Chance“ für den Klagenfurter Fußball. „Die Erwartungshaltung war riesig - gleichzeitig hatten wir sehr starke Konkurrenz in der Liga. Der Druck war sehr groß“, erinnert sich der damalige Kapitän Matthias Dollinger jr., der die hochkarätig besetzte Mannschaft anführte.

Mit vier Punkten aus den ersten fünf Runden blieb man deutlich hinter den Erwartungen. Dann kam der Zug ins Rollen: Mit dem 4:2 beim GAK im Arnold-Schwarzenegger-Stadion (darunter ein Traumtor von Markus Pink aus 25 Metern) feierte man in der sechsten Runde den ersten Erfolg in der Meisterschaft und konnte sich bis zum Herbst auf den dritten Platz der Liga hocharbeiten. Doch die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Aufholjagd im Frühjahr erfüllte sich nicht: Die Mannschaft patzte gleich in der ersten Frühjahrsrunde und verlor den Anschluss an die Aufstiegsränge.

Jetzt waren die hartgesottenen Unterstützer der Austria (wieder einmal) gefragt: Denn die anfängliche Euphorie war bald verflogen und die Geldreserven aus dem Vorjahr gingen zur Neige. Jetzt kam der großzügige und umtriebige Fußball-Gönner Matthias Dollinger sr., Vater des damaligen Kapitäns, ins Spiel. In einer eilig einberufenen Hauptversammlung wurde er kurzerhand als neuer Präsident des Klubs vorgeschlagen. Er sollte die Austria mit seiner Leidenschaft vor einer neuerlichen Insolvenz bewahren. Dollinger nahm die Herausforderung an.

„Er hat es auf seine typische Art und Weise gemacht. Ich kann mich erinnern: Eines Tages spazierte er einfach mit einer Papiertüte beim Insolvenzverwalter rein. Darin befand sich ein hoher fünfstelliger Geldbetrag, damit der Klub überhaupt weiter bestehen konnte“, erzählt Matthias Dollinger jr. über seinen viel zu früh verstorbenen Vater. Die Solidarität mit dem Klub war beispiellos: Viele Fans und ehemalige Spieler halfen mit ihren Ersparnissen aus.

Auch im laufenden Betrieb wurde abgespeckt, der 1. Stock im Klub-Gebäude in der Siebenhügelstraße zu Wohnräumen umgebaut, um auswärtige Spieler dort unterzubringen. So sparte man sich etwa Wohnungs- und Hotelkosten. „Gemeinsam mit dem damaligen Sportchef Heimo Vorderegger haben wir die Vorhänge ausgesucht und montiert. Es war eine unglaubliche Zeit“, erinnert sich der frühere Stadionsprecher Gerd Miesenböck, der dem Klub ebenfalls in der größten Krise zur Seite stand.

Die Insolvenz schien trotzdem unvermeidlich. „Die Vorhänge sind gefallen“, war bereits fett auf der Titelseite der „Kleinen Zeitung“ zu lesen. Die Austria endgültig am Ende? Es wäre nicht die Austria, würde es nicht doch eine Rettung geben.

In letzter Sekunde gelang es Präsident Dollinger sr. und einigen treuen Weggefährten schließlich, das Aus noch abzuwenden und die finanziellen Mittel mit vereinten Kräften aufzutreiben. „Als ich meinen Vater fragte, ob wir das Geld jemals zurückbekommen, sagte er mir nur: Ich kann es nicht versprechen...“, so Dollinger jr.

Im Juni 2012 wurde die Rettungsaktion erfolgreich abgeschlossen. „Die Austria ist schuldenfrei“, verkündete der Klub voller Stolz. Und die „Kärntner Tageszeitung“ widmete ihr Titelblatt dem freudigen Ereignis. Dabei konterte man auf die Schlagzeile der Konkurrenz mit einer ähnlichen Headline: „Die Vorhänge bleiben offen“.

Die sportlichen Ansprüche mussten vorerst zurückgeschraubt werden. In der Regionalliga sprangen zunächst die Plätze sieben (2011), sechs (2012) und acht (2013) heraus. In der schwierigen Phase erklärte sich der ehemalige Austria-Kicker Alexander Suppantschitsch bereit, das Traineramt zu übernehmen. "Auch wenn uns viele Spieler abhandengekommen sind, konnten wir einiges auf die Beine stellen. Es war ein geiles Jahr und es bleibt eine schöne Erinnerung."
In der Tat: Der schlafende Riese wurde langsam munter. In der Saison 2013/14 landete das Team unter den Top fünf der Regionalliga und konnte den ersten Pott an Land ziehen. Die Austria sicherte sich den Titel im Kärntner Fußball-Cup. Die Endspiele waren dabei an Dramatik kaum zu überbieten: Während die Austria das Hinspiel in Lendorf mit 2:0 gewinnen konnte, lag man im Rückspiel zu Hause rasch mit 0:2 zurück. Erst der Anschlusstreffer in der 66. Minute durch Patrik Eler brachte den Titel.

Dabei musste die Mannschaft in der Schlussphase des Finales schwitzen: Denn in der Nachspielzeit gab es Elfmeter für Lendorf, diesen konnte Austria-Torhüter Patrick Böck jedoch abwehren. Wieder hatte man sich in letzter Sekunde gerettet. Und das Durchhaltevermögen wurde mit dem Meistertitel im darauffolgenden Jahr belohnt.

Eine Serie von Christian Rosenzopf

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