Die Rückkehr in violetten Farben

Serie: Ers­ter Pott nach dem Neu­start

©  Josef Kuess

Nach der Neugründung mussten Funktionäre und Fans der Austria Klagenfurt viel Ausdauer beweisen. Die Konkurse der Vorgängervereine hatten ihre Spuren hinterlassen. Doch die treuen Violetten standen in den schweren Stunden zusammen. Mit dem ersten Titel im Landes-Cup ging es langsam aufwärts.

Mit 1400 ver­kauf­ten Abos war die Aus­tria Kla­gen­furt nach dem Come­back 2010 der Fan-Magnet in der Regio­nal­li­ga. Die Zie­le waren klar vor­ge­ge­ben: Nach den Kon­kur­sen der Vor­gän­ger­ver­ei­ne soll­te die rasche Rück­kehr ins Ober­haus gelin­gen. Vie­le Fans spra­chen von der „letz­ten Chan­ce“ für den Kla­gen­fur­ter Fuß­ball. „Die Erwar­tungs­hal­tung war rie­sig — gleich­zei­tig hat­ten wir sehr star­ke Kon­kur­renz in der Liga. Der Druck war sehr groß“, erin­nert sich der dama­li­ge Kapi­tän Mat­thi­as Dol­lin­ger jr., der die hoch­ka­rä­tig besetz­te Mann­schaft anführ­te.

Mit vier Punk­ten aus den ers­ten fünf Run­den blieb man deut­lich hin­ter den Erwar­tun­gen. Dann kam der Zug ins Rol­len: Mit dem 4:2 beim GAK im Arnold-Schwar­zen­eg­ger-Sta­di­on (dar­un­ter ein Traum­tor von Mar­kus Pink aus 25 Metern) fei­er­te man in der sechs­ten Run­de den ers­ten Erfolg in der Meis­ter­schaft und konn­te sich bis zum Herbst auf den drit­ten Platz der Liga hoch­ar­bei­ten. Doch die Hoff­nung auf eine Fort­set­zung der Auf­hol­jagd im Früh­jahr erfüll­te sich nicht: Die Mann­schaft patz­te gleich in der ers­ten Früh­jahrs­run­de und ver­lor den Anschluss an die Auf­stiegs­rän­ge.

Jetzt waren die hart­ge­sot­te­nen Unter­stüt­zer der Aus­tria (wie­der ein­mal) gefragt: Denn die anfäng­li­che Eupho­rie war bald ver­flo­gen und die Geld­re­ser­ven aus dem Vor­jahr gin­gen zur Nei­ge. Jetzt kam der groß­zü­gi­ge und umtrie­bi­ge Fuß­ball-Gön­ner Mat­thi­as Dol­lin­ger sr., Vater des dama­li­gen Kapi­täns, ins Spiel. In einer eilig ein­be­ru­fe­nen Haupt­ver­samm­lung wur­de er kur­zer­hand als neu­er Prä­si­dent des Klubs vor­ge­schla­gen. Er soll­te die Aus­tria mit sei­ner Lei­den­schaft vor einer neu­er­li­chen Insol­venz bewah­ren. Dol­lin­ger nahm die Her­aus­for­de­rung an.

„Er hat es auf sei­ne typi­sche Art und Wei­se gemacht. Ich kann mich erin­nern: Eines Tages spa­zier­te er ein­fach mit einer Papier­tü­te beim Insol­venz­ver­wal­ter rein. Dar­in befand sich ein hoher fünf­stel­li­ger Geld­be­trag, damit der Klub über­haupt wei­ter bestehen konn­te“, erzählt Mat­thi­as Dol­lin­ger jr. über sei­nen viel zu früh ver­stor­be­nen Vater. Die Soli­da­ri­tät mit dem Klub war bei­spiel­los: Vie­le Fans und ehe­ma­li­ge Spie­ler hal­fen mit ihren Erspar­nis­sen aus.

Auch im lau­fen­den Betrieb wur­de abge­speckt, der 1. Stock im Klub-Gebäu­de in der Sie­ben­hü­gel­stra­ße zu Wohn­räu­men umge­baut, um aus­wär­ti­ge Spie­ler dort unter­zu­brin­gen. So spar­te man sich etwa Woh­nungs- und Hotel­kos­ten. „Gemein­sam mit dem dama­li­gen Sport­chef Heimo Vor­der­eg­ger haben wir die Vor­hän­ge aus­ge­sucht und mon­tiert. Es war eine unglaub­li­che Zeit“, erin­nert sich der frü­he­re Sta­di­on­spre­cher Gerd Mie­sen­böck, der dem Klub eben­falls in der größ­ten Kri­se zur Sei­te stand.

Die Insol­venz schien trotz­dem unver­meid­lich. „Die Vor­hän­ge sind gefal­len“, war bereits fett auf der Titel­sei­te der „Klei­nen Zei­tung“ zu lesen. Die Aus­tria end­gül­tig am Ende? Es wäre nicht die Aus­tria, wür­de es nicht doch eine Ret­tung geben.

In letz­ter Sekun­de gelang es Prä­si­dent Dol­lin­ger sr. und eini­gen treu­en Weg­ge­fähr­ten schließ­lich, das Aus noch abzu­wen­den und die finan­zi­el­len Mit­tel mit ver­ein­ten Kräf­ten auf­zu­trei­ben. „Als ich mei­nen Vater frag­te, ob wir das Geld jemals zurück­be­kom­men, sag­te er mir nur: Ich kann es nicht ver­spre­chen…“, so Dol­lin­ger jr.

Im Juni 2012 wur­de die Ret­tungs­ak­ti­on erfolg­reich abge­schlos­sen. „Die Aus­tria ist schul­den­frei“, ver­kün­de­te der Klub vol­ler Stolz. Und die „Kärnt­ner Tages­zei­tung“ wid­me­te ihr Titel­blatt dem freu­di­gen Ereig­nis. Dabei kon­ter­te man auf die Schlag­zei­le der Kon­kur­renz mit einer ähn­li­chen Head­line: „Die Vor­hän­ge blei­ben offen“.

Die sport­li­chen Ansprü­che muss­ten vor­erst zurück­ge­schraubt wer­den. In der Regio­nal­li­ga spran­gen zunächst die Plät­ze sie­ben (2011), sechs (2012) und acht (2013) her­aus. In der schwie­ri­gen Pha­se erklär­te sich der ehe­ma­li­ge Aus­tria-Kicker Alex­an­der Sup­pant­s­chitsch bereit, das Trai­ner­amt zu über­neh­men. “Auch wenn uns vie­le Spie­ler abhan­den­ge­kom­men sind, konn­ten wir eini­ges auf die Bei­ne stel­len. Es war ein gei­les Jahr und es bleibt eine schö­ne Erinnerung.“In der Tat: Der schla­fen­de Rie­se wur­de lang­sam mun­ter. In der Sai­son 2013/14 lan­de­te das Team unter den Top fünf der Regio­nal­li­ga und konn­te den ers­ten Pott an Land zie­hen. Die Aus­tria sicher­te sich den Titel im Kärnt­ner Fuß­ball-Cup. Die End­spie­le waren dabei an Dra­ma­tik kaum zu über­bie­ten: Wäh­rend die Aus­tria das Hin­spiel in Len­dorf mit 2:0 gewin­nen konn­te, lag man im Rück­spiel zu Hau­se rasch mit 0:2 zurück. Erst der Anschluss­tref­fer in der 66. Minu­te durch Patrik Eler brach­te den Titel.

Dabei muss­te die Mann­schaft in der Schluss­pha­se des Fina­les schwit­zen: Denn in der Nach­spiel­zeit gab es Elf­me­ter für Len­dorf, die­sen konn­te Aus­tria-Tor­hü­ter Patrick Böck jedoch abweh­ren. Wie­der hat­te man sich in letz­ter Sekun­de geret­tet. Und das Durch­hal­te­ver­mö­gen wur­de mit dem Meis­ter­ti­tel im dar­auf­fol­gen­den Jahr belohnt.

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

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