Die legendären 80er

Serie: Wie Kas­sim die Aus­tria ver­zück­te

© KK

Von den eigenen Fans geliebt, bei den gegnerischen Fans gefürchtet: Kassim Ramadani sorgte nicht nur am Platz für große Momente - sondern auch abseits des Rasens. Der Stürmer-Star der 1980er-Jahre war für sein extrovertiertes Auftreten bekannt. Seine ehemaligen Mitspieler erzählen geniale Anekdoten über den Tansanier, der schon totgeglaubt war, ehe er 2021 ein Lebenszeichen von sich gab.

Mit sei­nem Fall­rück­zie­her-Tor gegen Aus­tria Wien hat­te Kas­sim Rama­da­ni im Okto­ber 1983 ein Tor für die Geschichts­bü­cher gelie­fert. „Ein unglaub­li­cher Spie­ler”, erin­nert sich Wal­ter Lude­scher, sein ehe­ma­li­ger Trai­ner und För­de­rer.

„Er konn­te drib­beln wie kein Zwei­ter. Er hat unglaub­li­che Tore gemacht. Für ihn sind die Leu­te ins Sta­di­on gekom­men. Er konn­te aber auch die geg­ne­ri­schen Anhän­ger herr­lich pro­vo­zie­ren. Ein­mal hat er die Gra­zer Fans aus­wärts so zor­nig gemacht, sodass nach dem Spiel sogar Stei­ne auf unse­ren Bus geflo­gen sind. Zum Glück bin ich vor­ne geses­sen, die Stei­ne kamen von hin­ten”, erzählt Hel­mut König. Heu­te kann er dar­über lachen. Gerüch­te­wei­se soll Rama­da­ni damals den Gra­zer Fans sein Hin­ter­teil prä­sen­tiert haben.

Han­nes Hau­bitz erin­nert sich an einen wei­te­ren „Kas­sim-Auf­tritt“ in Wien. „Damals hat er bei Rapid ein Tor geschos­sen und dann hat er direkt vor den Fans die Flie­ger-Pose gemacht. Da haben wir gewusst: Jetzt wird’s noch ein­mal heiß…” Wal­ter „Dago“ Koch weiß auch von Kas­sims indi­vi­du­el­ler Trai­nings­ein­stel­lung zu berich­ten: „Eines Win­ter­ta­ges stand wie­der eine gefürch­te­te Trai­nings­ein­heit von Wal­ter Lude­scher am Pro­gramm. Kurz vor Trai­nings­be­ginn saß Kas­sim im Pri­vat­ge­wand auf der Tri­bü­ne. Wir waren ver­wun­dert. Dann erklär­te uns Trai­ner Lude­scher: ‚Ihr müsst ver­ste­hen, dass Kas­sim heu­te nicht mit­macht. Sei­ne Frau ist gestor­ben — in Tan­sa­nia.‘”

Doch nach dem Trai­ning sah die Sache anders aus. Koch: „Plötz­lich saß Kas­sim lächelnd da. Dann frag­ten wir ihn: War­um lachst du? Dei­ne Frau ist doch gestor­ben. Doch Kas­sim sag­te: Bur­schen, das war nur eine von meh­re­ren Frau­en, ich habe sie­ben Frau­en. Tja, dann haben auch wir lachen müs­sen.”

Hel­mut hat Rama­da­nis Schmäh in Erin­ne­rung: „Uns hat er immer gesagt, er dür­fe kein Schwei­ne­fleisch und kein Bier kon­su­mie­ren. Er bekam daher immer Steak, wäh­rend wir immer das Natur­schnit­zel essen muss­ten. Eines Nachts tra­fen wir ihn in einer Bar mit einem gro­ßen Bier (es soll sich um die legen­dä­re Scotch Dis­co gehan­delt haben). Dann sag­ten wir dem Kell­ner, dass der Kas­sim doch gar kein Bier trin­ken darf. Dar­auf mein­te der Kell­ner: Ach was, das ist heu­te schon egal, der trinkt bereits sein zehn­tes. Dann war sein Bonus natür­lich aufgebraucht.“Auch Anna Krainz — die legen­dä­re Platz­war­tin — erin­nert sich an sei­ne Strei­che: “Er war ein blen­den­der Fuß­bal­ler, aber nur wenn er wol­len hat, meis­tens hat er erst in den letz­ten Spie­len vor einer Ver­trags­ver­län­ge­rung wie­der Gas gege­ben…” Auch beim Schnap­sen sei er ein Schlitz­ohr gewe­sen. “Oft hat er gegen die alten Damen gespielt, die eh fast nix mehr gese­hen haben”, lacht Anna.

Mit sei­nem genia­len Aktio­nen am Platz hat Rama­da­ni frei­lich vie­les wie­der wett­ge­macht. Heimo Vor­der­eg­ger durf­te bereits in sei­nem ers­ten Jahr in der Kampf­mann­schaft mit Rama­da­ni am Platz ste­hen. „Mit Kas­sim und Ivica Sen­zen am Platz hat es gut funk­tio­niert. Einen Rama­da­ni hast du immer anspie­len kön­nen. Wenn du sol­che Spie­ler am Platz hast, dann läuft es ein­fach”, so Vor­der­eg­ger.

Ver­gleichs­kampf mit dem KAC

Nur beim Eis­ho­ckey fand sich Rama­da­ni gar nicht zurecht. In sei­ner Hei­mat Tan­sa­nia hat­te man von die­ser Sport­art schließ­lich noch nie etwas gehört. So kam es im Dezem­ber 1984 zu einer unver­gess­lich-lus­ti­gen Bege­ben­heit. Die Spie­ler des KAC und der Aus­tria Kla­gen­furt lie­fer­ten sich für den guten Zweck eine Jux­par­tie am Eis. Es war der soge­nann­te „Dis­co-Scotch-Cup“. Mit­ten­drin: Kas­sim Rama­da­ni, der noch nie zuvor am Eis — geschwei­ge denn auf Schlitt­schu­hen — gestan­den ist.

„Wir muss­ten ihn stüt­zend auf das Eis beglei­ten und rein­füh­ren. Das war viel­leicht ein Thea­ter”, erin­nert sich Aus­tria-Legen­de Peter Hrstic. Das Spiel ende­te letz­lich mit 12:4 für den KAC — was aber auf­grund der aus­ge­mach­ten Regeln ein 12:12 bedeu­te­te. Hrstic: „Man muss es wirk­lich sagen: Rama­da­ni war kein ein­fa­cher Typ, aber er war eine abso­lu­te Berei­che­rung. Lei­der haben wir spä­ter den Kon­takt ver­lo­ren.”

Vie­le hat­ten bereits geglaubt, der Stür­mer­star sei ver­stor­ben, doch der Aus­tria gelang es, ihren eins­ti­gen Lieb­ling wie­der­zu­fin­den und den Kon­takt auf­zu­neh­men. Im Ver­lauf der Sai­son schick­te er immer wie­der Nach­rich­ten und beton­te, im Auf­stiegs­kampf die Dau­men zu drü­cken – mit Erfolg. Schon bald könn­te Rama­da­ni zu einem Legen­den-Tref­fen nach Kla­gen­furt zurück­kom­men.Mehr über Kas­sims “Wie­der­auf­er­ste­hung” kann man HIER nach­le­sen! 

Eine Serie von Chris­ti­an Rosen­zopf

Haben auch Sie span­nen­de Anek­do­ten oder „Fund­stü­cke“ aus 100 Jah­ren Aus­tria für unse­re Autoren? Dann hel­fen Sie doch dabei, Geschich­te zu doku­men­tie­ren und für kom­men­de Gene­ra­tio­nen fest­zu­hal­ten. Schrei­ben Sie bit­te an: christian.rosenzopf@skaustriaklagenfurt.at

HIER fin­den Sie alle bis­he­ri­gen Tei­le der Serie